Geld regiert auch die Musikwelt

Leipzig · Johann Sebastian Bach ist für uns heute fest mit der Stadt Leipzig und mit der dortigen Thomaskirche verbunden. Einer der größten Werbeträger für Leipzig ist dieser große Komponist, den viele für den größten überhaupt halten.



Es hätte aber nicht viel gefehlt, und die Geschichte wäre ganz anders ausgegangen. Bach wollte nämlich eigentlich gar nicht nach Leipzig. Ihn zog es von Köthen, wo er am Hof des Fürsten Leopold als Musiker angestellt war, an die Elbe nach Hamburg. Dort wäre er nur zu gerne Organist an der St. Jacobi-kirche geworden. Dieses Gotteshaus war eine der Hamburger Hauptkirchen, die sogenannte Kaufmannskirche, so wie etwa die Katharinenkirche, die die Kirche der Seeleute war. 1720 wurde die Organistenstelle in Hamburg frei, und Bach stellte sich vor.

Nun hatten die Hamburger aber eine für uns merkwürdige Angewohnheit, die aber früher üblich war. Wer eine solche Stelle wie das Amt des Jacobikantors haben wollte, musste erst einmal dafür bezahlen. 4000 Mark sollte Bach als sogenanntes "Gratial" an die Kirchenkasse zahlen, dann hätte man ihn eingestellt. Dieses Geld hatte der vielfache Familienvater aber nicht, weshalb er seine Bewerbung zurückziehen musste.

Einer der Pastoren an St. Jacobi, Erdmann Neumeister, war mit Bach befreundet und sehr erbost darüber, dass man seinen Freund hatte ziehen lassen. Von ihm ist überliefert, dass er nach der Entscheidung des Kirchenrates wetterte, man habe einen Handwerkersohn eingestellt, "der besser mit den Thalern als mit den Fingern spielen könne". In seiner Weihnachtspredigt von 1720 setzte er noch eins drauf und sagte, er "glaube ganz gewiss, wenn auch einer der Engel vom Himmel käme, der göttlich spielen könne, und wollte Organist an St. Jacobi werden, hätte aber kein Geld, so könnte er gleich wieder davon fliegen."

Gerhard W. Kluth

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort