Gelungener Saitensprung: Klangbilder, mit dem Körper gemalt

Trier · Improvisationen für Cello und Tänzer - so könnte die Aufführung "Saitensprung" von Maria Kulowska und Reveriano Camil überschrieben sein. Gleichermaßen spontan entlocken die Cellistin und der Tänzer ihrem Instrument und seinem Körper Klänge und Bewegungen, gehen eine musikalisch-tänzerische Symbiose ein. 260 Zuschauer lassen sich an zwei Abenden in der ausverkauften Tufa davon bezaubern.

 Nur scheinbar im Hintergrund: Maria Kulowskas bewegt mit ihren Celloklängen Tänzer Reveriano Camil. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Nur scheinbar im Hintergrund: Maria Kulowskas bewegt mit ihren Celloklängen Tänzer Reveriano Camil. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Trier. Knarzen. Als ob Holz birst. Maria Kulowska führt den Bogen über die Saiten ihres Cellos. Die Töne, die sie ihm entlockt, sind ungewöhnlich. Später werden noch Elektrobeats zu hören sein, die der Hörer eher von einem Synthesizer erwarten würde.
Doch zunächst sind die Töne gezupft, geklopft. Sie scheinen vom Cello direkt in Reveriano Camils Körper zu springen; stakkatoartige werden zu ruckartigen, langanhaltende zu ausladenden Bewegungen.
"Saitensprung", der Titel, den Kulowska und Camil ihrer Performance, eine Neuauflage von Dezember 2012, gegeben haben, ist durchaus wörtlich zu verstehen. Das Gehörte wird zum Bild, gezeichnet mit dem Körper.
Töne werden Bilder


Die Celloklänge werden schneller, Camil greift die Melodie auf: Er biegt und streckt sich; eine Drehung, ein Sprung. Der Tänzer nutzt den gesamten Raum vor den je 130 Zuschauern im zweimal ausverkauften großen Saal der Tufa, springt auf die Bühne zur Cellistin, verfolgt von den Scheinwerfern. Immer wieder neu sind die Tonfolgen, immer wieder neu die Bewegungen - keine gleicht der anderen. Musik und Tanz sind gleichermaßen improvisiert, bedingen, ergänzen einander und folgen sich gegenseitig.
Nach einer guten dreiviertel Stunde wechselt Kulowska zum E-Cello und zaubert damit unvorstellbare Klänge: schrill, kreischend, quietschend, sphärisch, elektronisch verzerrt und verfremdet, vom langanhaltenden Ton bis zum Stakkato. Einem Schattenriss gleich bewegt sich Camil hinter einer Leinwand, verschwindet wieder, um urplötzlich aufzutauchen - die Lichttechnik macht es möglich.
Originell: Kulowska lässt sich ein Essen aus dem Schnellrestaurant liefern und zeigt ganz nebenbei, dass vier Töne, die sie spontan auf dem Cello klimpert, durchaus Potenzial für anspruchsvollen Tanz haben. Sie speichert die Sequenz, spielt weitere Töne dazu zum mehrstimmigen Spiel, das Camil wieder tänzerische Grundlage bietet. Die Zuschauer quittieren die musikalisch-tänzerische Liaison mit lautem Applaus und Bravorufen.
mehi

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