Genuss fürs Auge, Schule fürs Sehen

Sozusagen ein Muss für jeden Kunstfreund ist die neue Ausstellung im Luxemburger Nationalmuseum. Die Schau, die gleichsam als Spiegel der Malerei Reproduktionsgraphik von 1500 bis 1830 zeigt, ist ein Gemeinschaftsprojekt des Museums und der Universität Trier.

 Charles Howard Hodges Schabkunstarbeit aus dem Jahr 1802 mit einem Doppelportrait nach einem Gemälde von Rembrandt van Rijn. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Charles Howard Hodges Schabkunstarbeit aus dem Jahr 1802 mit einem Doppelportrait nach einem Gemälde von Rembrandt van Rijn. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Luxemburg/Trier. Die Zusammenarbeit mit den Nachbarn in Luxemburg auszubauen, hatte Stephan Brakensiek 2006 in einem Gespräch mit dem TV angekündigt. Jetzt kann der Kustos der Graphischen Sammlung der Universität Trier greifbare Ergebnisse vorweisen. Als gemeinsames Projekt mit der Trierer Uni zeigt das Luxemburger Nationalmuseum "Meisterwerke der Reproduktionsgraphik" aus dem 16. bis 19.Jahrhundert.

Die meisten Blätter stammen aus Trier



Den größten Teil der Bilderschau stellen Blätter aus der universitären Sammlung. Ergänzt wird die Trierer Auswahl durch hochkarätige Leihgaben aus Luxemburger Privatsammlungen. Das Thema Reproduktionsgraphik ist nicht nur reizvoll, es gilt auch einige zähe Vorurteile abzubauen. Lange Zeit galten die druckgraphischen Nachbildungen von Gemälden als zweitklassig, nicht selten wurden sie abschätzig als "Original des kleines Mannes" abgetan. Das ist freilich zu kurz gedacht. Auch wenn die ursprüngliche Bildidee nicht von den Graphikern selbst stammt, so gehört doch neben dem technischen Können ein ungeheures Maß an Einfühlungsvermögen und künstlerischem Blick dazu, ein Gemälde in das Schwarz-Weiß der Linien, in Tiefe und Hell-Dunkel-Nuancen von Kupferstichen, Radierungen und Schabtechnik zu übersetzen.

Bis zur Erfindung der Fotographie hat zudem die Reproduktionsgraphik maßgeblich dazu beigetragen, Ideen zu verbreiten und Wissen zu vermitteln. Nicht zuletzt waren die Druckverfahren gut fürs Geschäft. So hat Peter Paul Rubens eine eigene druckgraphische Werkstatt unterhalten, um seine Arbeiten unters Volk zu bringen. Der Wissensvermittlung dient auch die 1982 zusammengetragene Trierer Sammlung. An ihr können Studenten lernen, die unterschiedlichen Techniken zu unterscheiden, Qualitäts- und Stilvergleiche anzustellen und nicht zuletzt kultur- und geistesgeschichtliche Fragen zu erörtern. All das können Besucher nun auch in Luxemburg anhand der rund 140 Blätter, die dort ausgestellt sind und in denen reproduzierte Gemälde von Renaissance-Großmeister Leonardo da Vinci über Raffael, Rembrandt und Rubens bis zum barocken Landschaftsmaler Claude Lorrain vorgestellt werden.

Radierung als Mittel zur Reproduktion



Thematisiert werden unter anderem die unterschiedlichen Techniken der "Griffelkunst" wie Kupferstich, Radierung, Mezzotinto (Schabkunst) und Lithographie. Ins Bild gesetzt sind zudem Probleme der druckgraphischen Umsetzung wie die spiegelverkehrte Darstellung der Gemälde. Die Radierung als Mittel zur Reproduktion von Zeichnungen wird an hinreißenden Beispielen wie den Blättern von François Boucher, Francesco Bartolozzi oder Adam von Bartsch demonstriert, einem Vater der Druckgraphik. Augenfällig werden auch Abweichungen, die sich aus dem zeitlichen Abstand zwischen Original und Reproduktion oder aus der Persönlichkeit des Graphikers ergeben so wie bei Jacob van Ruisdaels Wasserfall (17. Jahrhundert) den Christian Haldenwang mit dem Naturempfinden des 19. Jahrhunderts reproduzierte. Allerdings: Gerade solch persönliche Handschrift macht den Reiz vieler Reproduktionsgraphiken aus. Und überhaupt: Bei allem Drang nach Wissensvermehrung sollte man den reinen Sehgenuss nicht vernachlässigen. Davon gibt es jede Menge. Darunter: John Woods wunderbare "Ruhe auf der Flucht nach Ägypten" nach Rembrandt, Hendrick Goudts herrliche Mischtechnik aus Kupferstich und Radierung zum selben Thema nach Adam Elsheimer. Poetisch: James Mason`s "Landung des Aeneas in Italien" nach Claude Lorrain. Kongenial führt James Tibbits Willmore das Licht in seinem Stahlstich "Das alte Italien" nach Turner. Eine kleine Sensation: David Lucas "Der Regenbogen" nach John Constable (mit Korrekturen des Malers) und vieles mehr.

Geöffnet bis 20. September, Di -So 10-17 Uhr, Do bis 20 Uhr, Führungen auf Deutsch Do 18 Uhr; Musée national d'histoire et d'art, Marché- aux- Poissons , L-2345 Luxembourg. Termine für eigene Kinderworkshops können erfragt werden unter Telefon 00352/ 479330-214 oder 4793301.

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