"Gewaltige Chance vertan"

Die Kulturschaffenden scheinen willig, allein es fehlt das Geld: Darüber, warum es bei der Weiterverfolgung vieler guter Vorsätze aus dem Kulturhauptstadtjahr 2007 "Luxemburg und Großregion" hakt, diskutierte am Montag eine internationale Runde in Trier.

 Sind die blauen Hirsche alles, was vom Kulturhauptstadtjahr 2007 übrig bleibt? TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

Sind die blauen Hirsche alles, was vom Kulturhauptstadtjahr 2007 übrig bleibt? TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

Trier. Mit halbstündigem Verzug begann in den Räumen der Trierer Industrie- und Handelskammer eine Diskussion über das, was übrig geblieben ist vom Schwung des Kulturhauptstadt-Jahres 2007 "Luxemburg und Großregion". Der länderübergreifende Presseklub "IPI" hatte zu der Runde mit Kulturschaffenden aus Frankreich, Luxemburg, dem Saarland und der Region Trier geladen. Doch nicht nur verstopfte Straßen und dichter Nebel sorgten für Verzögerung, auch bei der Technik für die Simultanübersetzung hakte es. Die Mobilitäts- und Sprachbarrieren standen beispielhaft für einige Probleme bei der Zusammenarbeit in der Großregion. Auch künstlerische Differenzen gäbe es zwischen den Kulturen, merkte Triers Theaterintendant Gerhard Weber an. Keine gute Idee sei es außerdem, in "Lothringen auf teutonisch zu kommunizieren" schilderte Meinrad M. Grewenig, Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte, Probleme bei länderübergreifenden Kontakten.

Doch der Wille, wie im Kulturhauptstadt-Jahr 2007, auch weiterhin verstärkt gemeinsame Projekte auf die Beine zu stellen, ist da. Davon zeugte zum Beispiel im Oktober die 2008er Neuauflage der Festival-Tournee "Total Theater" mit Produktionen aus Thionville, Luxemburg, Namur und Trier. "Als ich 2004 nach Thionville kam, war die einzige kulturelle Gemeinsamkeit der Nachbarländer der Nikolaus", scherzte Vincent Adeus, am Theater in Thionville verantwortlich für die Kulturhauptstadt-Projekte. Mittlerweile bestehe ein gutes Netz zwischen den Häusern.

Der Trierer Jazzclub Eurocore stellt schon seit mehr als 20 Jahren kleinere, aber feine Konzerte im Saarland, in Luxemburg und Frankreich auf die Beine. "Aber um das dazu notwendige Geld müssen wir regelrecht betteln", erklärte Club-Vize Thomas Schmitt. Die Zusammenarbeit funktioniere vor allem auf der Basis persönlicher Verbindungen. Für größere Projekte sei allerdings notwendig, dass der für das Kulturhauptstadt-Jahr gegründete, überregionale Arbeitskreis, der sich im Verein "Kulturraum Großregion" mit Sitz in Luxemburg fortsetzt, endlich die notwendigen finanziellen Mittel erhalte. Ursprünglich sollte der mit Kulturschaffenden, -funktionären und -politikern besetzte Verein von den beteiligten Regionen und Ländern mit einem gemeinsamen Fonds in Höhe von acht Millionen Euro ausgestattet werden. Von der EU waren Mittel für die Finanzierung der Verwaltungsstrukturen inklusive Geschäftsführer und Assistenz eingeplant. Doch weder gemeinsamer Kultur-Fonds noch EU-Gelder stehen bislang zur Verfügung. "Mit dem Warten auf den Aufbau dieser bürokratischen Strukturen wurde eine gewaltige Chance vertan", kritisierte Theaterintendant Weber. Nicht Politik und Verwaltung, sondern die Initiative der Kulturschaffenden sei entscheidend für eine gemeinsame Kulturarbeit. Weniger pessimistisch beurteilte der luxemburgische Koordinator des Kulturhauptstadtjahres die Verzögerungen: "Wir müssen in Jahrzehnten denken", erklärte Robert Garcia. "Die Initiative für den Bau der Rockhal und der Luxemburger Philharmonie ging von 1995 aus, als Luxemburg schon einmal Kulturhauptstadt war - die Umsetzung dauerte jeweils zehn Jahre."

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