Gewaltiger Triumph

Weltklasse ist vielleicht der passendste Ausdruck für das sinfonische Angebot der Luxemburger Philharmonie. Den Auftakt der neuen Saison gestalteten mit einem beeindruckenden Abend Gewandhausorchester und Chor der Leipziger Oper unter der Leitung von Riccardo Chailly.

Luxemburg. "Res severa verum gaudium", dieser Auspruch des römischen Philosophen Seneca, der übersetzt bedeutet "Wahre Freude ist eine ernste Sache", ist der Leitspruch des Leipziger Gewandhauses. Er gilt auch für das dort beheimatete Symphonieorchester, der älteste bürgerliche Klangkörper auf deutschem Boden. Wie sehr dieses Orchester den weisen Spruch verinnerlicht hat, zeigte sich bei der Eröffnung der neuen Spielzeit in der Luxemburger Philharmonie. Unter der Leitung seines Chefdirigenten Riccardo Chailly feierten die Sachsen einen gewaltigen Triumph, konnten sich nach "Ein Sommernachtstraum" von Felix Mendelssohn Bartholdy und "Daphnis et Chloé" von Maurice Ravel zurecht von einem ausverkauften Haus enthusiastisch feiern lassen.

Wann hat man so etwas schon einmal erlebt? Ein gewaltiges Orchester, das im zartesten Pianissimo Pizzikati zaubert, bei denen man den Eindruck haben muss, als trippele eine ganze Kompanie Mäuse in unglaublicher Geschwindigkeit aber strengem Gleichschritt über einen Resonanzboden.

Gewaltig, aber nie gewalttätig



Wo kann man sich von einem Fortissimo ergreifen lassen, das von einer erhabenen Kraft zeugt, die ein ganzes Universum bewegen könnte, zu keiner Zeit aber einen zerstörerischen Eindruck hervor ruft? Es sind die wahren Spitzenorchester, die zu solchen Leistungen in der Lage sind, deren leisestes Spiel kaum hörbar und doch tragfähig ist, deren Tutti gewaltig aber nie gewalttätig ist. Die Leipziger gehören dazu, sie besitzen all diese Vorzüge, die es ermöglichen, sich von der Musik packen, verzaubern, erschüttern zu lassen.

Unter Chailly gelang ihnen ein Sommernachtstraum, frei von aller falschen Romantik, frei von hinein interpretierter und doch nie komponierter Schwere. Selbst ein sattsam bekannter Hochzeitsmarsch, oftmals bis zur Unkenntlichkeit verschandelt und missbraucht, konnte strahlen und erfreuen. Über Daphnis et Chloé sagte Igor Strawinsky, es sei eines der schönsten Produkte der französischen Musik. Dem kann man nichts entgegen setzen, wenn das Gewandhausorchester, zusammen mit dem exzellenten Leipziger Opernchor (Chordirektor Sören Eckhoff) sich diesem Werk widmet. Da kann man nur noch staunen und schwelgen. Da erlebt man die Geburt der Flöte mit, zieht beim "Danse guerrière" etwas den Kopf ein und ist beim Finale ausgelassen beglückt. Es war ein an Freude reicher Abend, dank der mit tiefem Ernst musizierenden Akteure.

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