"Gott sprach: Es werde Sommer!"

Trier · Im Rahmen des Mosel Musikfestivals ist am Sonntagnachmittag Joseph Haydns Oratorium "Die Schöpfung" im Innenhof des Kurfürstlichen Palais in Trier aufgeführt worden. Bei bestem Spätsommerwetter erfreuten sich mehr als 600 Zuschauer an dem zeitlosen Werk.

Trier. Vor lauter Freude über das sonnige Wetter ließ sich Intendant Hermann Lewen zu einer zarten Blasphemie hinreißen: "Gott sprach: Es werde Sommer! Und es ward Sommer!" Die Abwandlung des Verses aus der Schöpfungsgeschichte, der auch die Einleitung des Librettos zu Joseph Haydns Oratorium "Die Schöpfung" bildet, beschrieb aber recht genau, was die Veranstalter des Mosel Musikfestivals und mehr als 600 Zuschauer im Innenhof des Kurfürstlichen Palais in Trier dachten. "So ein schöner Spätsommerabend zum Abschluss der Open-Air-Konzerte", sagte eine Besucherin im Foyer.
Dem lieben Gott mag es auch gefallen haben, ist doch das dreiteilige Oratorium ein geradezu pathetischer Ausdruck der tiefen Religiosität Haydns, der von 1796 bis 1798 an dem Werk gearbeitet hatte. Er verausgabte sich wohl so sehr, dass er nach der Uraufführung für längere Zeit erkrankte. Aber es hat sich gelohnt, die Musik ist zeitlos, sie wird wieder und wieder aufgeführt. Was der Trie rer Konzertchor, das Philharmonische Orchester der Stadt Trier und die drei Solisten unter der Leitung von Manfred May ablieferten, konnte sich hören lassen. Die Kulisse im Innenhof des Palais mit ihrer ausgezeichneten Akustik tat ein Übriges. "Die Schöpfung" erzählt über zwei Stunden von der Erschaffung der Welt aus christlicher Sicht, der Text "atmet den Geist einer naiven Frömmigkeit" (so Richard Krings im Vorwort des Programmhefts), die Musik bezaubert in Größe und Schlichtheit - "schön, wie man mit Tönen malen kann", sagt Elfriede Buck aus Trier zur Pause.
Klar und präzise


Schwungvoll und konzentriert musizieren die Trierer Symphoniker mit Solist Jochen Schaaf am Cembalo und Konzertmeister Petar Entchev an der Spitze. Manfred May dirigiert souverän, sein Trierer Konzertchor brilliert mit Klarheit und Präzision. Sie beweisen, dass der Schlusschor mit Soli wohl eines der erhabensten religiösen Musikstücke ist, die je komponiert wurden.
Die Gesangssolisten erzählen in der Rolle der Erzengel (und später als Adam und Eva) die Genesis. Frank Blees (Bass) hat den größten Part, er meistert die schwere Aufgabe scheinbar mühelos. Die aus Trier stammende Sopranistin Dorothea Marx beweist Klasse, ihre Stimme überzeugt mit Beweglichkeit und Volumen. Herausragend ist Andreas Post mit seinem lyrischen Tenor, seine perfekte Phrasierung macht jede Silbe bis in den letzten Winkel verständlich, leicht erreicht er strahlende Höhen, die Stimme bleibt dabei weich und angenehm.
Zum Abschluss gibt es stehende Ovationen und Bravos für die Leistung der Musiker - und die Mienen strahlen mit dem Himmel um die Wette.

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