Gratwanderung zwischen Gattungen: Nicht Oper, nicht Lied

Trier · Die Mahler-Serie des Philharmonischen Orchesters geht weiter, diesmal mit der Vierten am Donnerstag, 5. Dezember, um 20 Uhr im Trierer Theater. Die Sinfonien zwei, sechs und sieben werden folgen, allerdings in einigem Abstand. Victor Puhl: "Bis dahin fließt noch viel Wasser unter der Moselbrücke her."

Trier. Irgendwie ist die vierte Sinfonie von Gustav Mahler nicht ganz von dieser Welt. Eine "verstörende Welt-Erfahrung und eine tiefe Ich-Suche" macht Triers Musikdramaturg Peter Larsen in diesem Werk aus.
Und der musikalische Leiter Victor Puhl ergänzt: "Das Werk ist wie ein Konzentrat, eine Musik mit reduzierten Mitteln, geradezu minimalistisch" - ohne Posaunen und Tuba, aber mit vier Flöten und drei Trompeten und damit gerade in der Trierer Theater-Akustik heikel.
Mahler hat in diesem Werk überdies die gefährliche Nähe zur Trivialität nicht gescheut. Und doch: Die Naivität, die es zu verbreiten scheint, ist gebrochen hintergründig. So wie der abschließende Gesang "Wir genießen die himmlischen Freuden", auf die das gesamte Werk zuläuft, in keine Gattung passt. "Er ist nicht Oper und nicht Lied", sagt Solistin Joana Caspar, und gerade diese Gratwanderung zwischen den Gattungen sei für sie die wichtigste Herausforderung.
Für die Sopranistin, seit 2010 am Trierer Theater, ist dieser Auftritt eine Premiere. Zum ersten Mal singt sie öffentlich die Sopran-Partie in der Vierten. Auch für Amadeu Tasca sind Mahlers Rückert-Lieder, mit denen das Konzert beginnt, eine neue Erfahrung.
Wenn sich ein gebürtiger Brasilianer an deutsche Lieder wage, sei das natürlich eine "Challenge", eine Herausforderung - vor allem wenn so Bekanntes und Subtiles wie "Ich bin der Welt abhanden gekommen" dabei ist. Aber dem Bariton, der 2012 als "Don Giovanni" Aufsehen erregte, geht es nicht nur um Verständlichkeit, sondern um mehr - "innere Ruhe". Die ist bei diesen Orchesterliedern auf die grüblerischen Texte Friedrich Rückerts von besonderer Bedeutung. mö

3. Sinfoniekonzert, Donnerstag, 5. Dezember, 20 Uhr, im Trierer Theater. Gustav Mahler: Rückert-Lieder und 4. Sinfonie. Mitwirkende: Joana Caspar, Sopran, Amadeu Tasca, Bariton und Philharmonisches Orchester Trier. Leitung: Generalmusikdirektor (GMD) Victor Puhl
Kartentelefon: 0651/718-1818

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