Großer Schwung führt zum Erfolg

Wiener Klassik war für die Trierer Philharmoniker immer eine hohe Hürde. Victor Puhl und seine Musiker haben sie im 3. Sinfoniekonzert genommen, und das mit einer zweifellos heiklen Komposition.

Trier. (mö) Es geht also doch. Auch wenn Haydn, Mozart oder Beethoven auf dem Programm stehen, muss sich das Philharmonische Orchester Trier nicht verstecken. Dirigent Victor Puhl hat mit Joseph Haydns Symphonie Nr. 6, "Le Matin" (Der Morgen), für das 3. Sinfoniekonzert sogar zu einem heiklen Werk gegriffen - einem Konzert für Orchester und einer Solistengruppe. Die kam in Trier aus dem Orchester und präsentierte sich in einer Qualität, bei der jeder Einwand verstummt. Petar Entchev (Geige), Jörg Sonnenschein (Cello), Mandryka Müller (Flöte), Dirk Andert (Oboe), Joachim Gruber (Fagott) und Josef Bohn (Kontrabass) haben ein sicheres Gespür für Haydns schlanken, straffen Stil entwickelt. Victor Puhl setzt zudem nicht auf den großen Klang, sondern arbeitet mit Solisten und Orchester die Komposition bis ins Detail aus. Und da erhält diese nur scheinbar simple Musik eine bemerkenswerte Kraft und Statur.

Nicht der Papa Haydn hat sie geschrieben, sondern der junge Avantgardist aus Esterhazy. "So eine schöne Haydn-Interpretation habe ich hier noch nicht erlebt", sagte ein langjähriger Konzertbesucher.

Und dann, sensationell, Wally Hase. Die Weimarer Flötistin bringt eine Sicherheit, eine Deutlichkeit, Leichtigkeit und Brillanz mit, die schlichtweg bestechen. Nichts am anspruchsvollen Solo in Jacques Iberts Flötenkonzert wirkt angestrengt, mühsam oder überdreht. Wally Hase trifft die virtuose Entschiedenheit in diesem Werk genau. Und obwohl die Streicher sich nicht immer präzise am Schlag des Dirigenten orientieren und verzögert einsetzen, klingt im Orchester die Mischung aus Barock-Frömmigkeit, Groteske und symphonischem Auftrumpfen an, die Ibert mit dem Kreis der französischen "Six" verbindet.

Die Publikumsresonanz entwickelte sich im steten Crescendo. Am Schluss, nach Mendelssohns "Schottischer", wurden sogar Bravorufe laut. Natürlich könnte man dazu die Frage stellen, warum Mendelssohn wohl differenzierte Vortragsanweisungen in die Partitur schreibt, wenn diese dann doch nur andeutungsweise realisiert wurden. Oder auch, warum die an sich ordentlichen Bläser es im zweiten Satz mit der Intonation nicht genau nahmen. Es war eben nicht, wie bei Haydn, die Detail-Genauigkeit, die zum Erfolg führte, es waren die Energie, das Feuer, der große Schwung. Die beherrschten sie, und das vor allem in der abschließenden Coda mit den Assoziationen zu Musikfest, Männerchor und Hymnus - wirkungssicher und ohne Scheu.

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