Gurte zu Schleifen, Schläuche zu Ketten
Trier · Eine reizvolle wie eindrucksvolle Ausstellung gibt es derzeit in der Galerie Junge Kunst in Trier zu sehen. Dort schafft Brigitte Dams mit Alltäglichem neue Gestalt und neue Vorstellungswelten.
Trier. Die Engländer nennen es Think Tank. Damit sind Denkwerkstätten gemeint, in denen neue Ideen entstehen, über sie nachgedacht und diskutiert wird. Einen solchen künstlerischen Denkraum hat auch Brigitte Dams in der Trierer Galerie Junge Kunst eingerichtet. Worüber sie nachgedacht hat, ist als Bild und gestaltete Form zu besichtigen.
Nichts anderes als Gestalt gewordene Reflexionen sind schließlich die Arbeiten der Düsseldorfer Künstlerin, die im Galerieraum in der Karl-Marx-Straße gezeigt werden. Die Meisterschülerin des poetischen Installationskünstlers Jannis Kounellis und Schülerin des Malers, Bildhauers und mehrfachen Documenta-Teilnehmers Michael Bu the (beide Kunstakademie Düsseldorf) hat ihre Arbeiten als ganzheitliche Rauminstallation arrangiert. Was absolut schlüssig ist, da die künstlerischen Denkprozesse der 1965 geborenen Westfälin von der Zeichnung bis zur Wandplastik ein dichtes, zusammenhängendes Gefüge bilden, auch wenn jedes Werk für sich stehen kann. Der Raum mag ein wenig voll anmuten. Sinnvoll ist die stellenweise gedrängte Fülle dennoch. Geht es doch bei Brigitte Dams\' künstlerischen Findungsprozessen so zu wie im richtigen Leben, wo sich auch Bilder und Eindrücke überlagern, verzahnen und neue Bilder schaffen. Brigitte Dams verwendet (wie ihr Lehrer Kounellis) alltägliche, "arme" Materialien wie Feuerwehr- oder Fahrradschläuche, Gurte, Bänder, Holzteile. Deren Bildhaftigkeit und Möglichkeiten zur Formgebung nutzt die Künstlerin. "Mich interessieren vor allem die formalen Eigenschaften meines Materials", bestätigt die schmale Frau mit dem wachen Blick, die weltweit unterwegs ist und deren Arbeiten sich inzwischen in zahlreichen öffentlichen Sammlungen wiederfinden. Mit den erkannten Materialeigenschaften geht Dams gekonnt und phantasiereich um. Mehr noch: sie macht sie dem Betrachter neu erlebbar, indem sie ihre Kunstfähigkeit und poetische Qualität entdeckt und in ungewohnten Zusammenhängen offenbart. Was eindimensional und alltäglich erscheint, erhält so quasi ein neues Dasein.
Aus gelben Gurten werden sinnliche Wandplastiken: deren anmutige Schleifen wie raumgreifende Zeichnungen wirken. Dams\' wandfüllender kreuz und quer bespannter Rahmen ist ein sinnfälliges Bild für das dichte bunte, gleichwohl durchlässige Gewirk des Denkens, bei dem Innen und Außen füreinander offen bleiben. Eine sinnbildlich wie ästhetisch außerordentlich reizvolle Arbeit ist ihre geflochtene Kette aus Fahrradschläuchen, deren weiche Wucht gleichermaßen Freude wie Fessel bedeutet. Eine sehenswerte Ausstellung. er
Bis 21. Juni, Samstag und Sonntag 14-17 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung, als Schaufenstergalerie täglich, Telefon 0651/976 38 40, www.junge-kunst-trier.de