Haydn im großen Format Monument menschlichen Könnens
Trier · Weit über 300 Zuschauer haben sich am frühen Sonntagabend in der Heiligkreuzer Pfarrkirche eingefunden, um Joseph Haydns großem Oratorium „Die Schöpfung“ zu lauschen. Das 1789 in Wien uraufgeführte, beeindruckende Werk ist sicher einer der Höhepunkte seines kompositorischen Schaffens und markiert die Rückkehr dieser Gattung auf den europäischen Kontinent.
Haydn hatte sich zuvor in England bei den Aufführungen von Händels Oratorien inspirieren lassen. Das monumentale und die Zuhörer auch an diesem nasskalten, voradventlichen Abend tief berührende Werk lobpreist in Dankbarkeit die Schönheit der von Gott geschaffenen Erde.
Die Handlung ist dreigeteilt, in den ersten beiden Teilen erzählen die Erzengel die ersten sechs Tage der biblischen Schöpfungsgeschichte, der dritte Teil thematisiert das Leben von Adam und Eva im Paradies. Der Chor lobpreist und dankt dem Schöpfer in überschwänglicher Art und Weise. Das alles muss aus dem Kontext von vor über 200 Jahren gesehen werden, eine Zeile wie „Wenn falscher Wahn euch nicht verführt, noch mehr zu wünschen als ihr habt, und mehr zu wissen als ihr sollt!“ würde man sicher heute so nicht mehr schreiben.
„Die Schöpfung“ verlangt eine große Besetzung, deshalb hat der musikalische Leiter und Dirigent Jochen Schaaf den Trierer Konzertchor und den Luxemburger Madrigalchor zusammengebracht, räumt doch Haydn dem Chorgesang eine größere Rolle beim Oratorium ein als seine musikalischen Vorgänger. Das ist, in Zeiten der Aufklärung, ein deutlicher Schwenk in Richtung eines von Bürgern geprägten Konzertlebens.
Den Orchester-Part spielt das Koblenzer Schöneck-Ensemble, dazu gesellen sich drei sehr erfahrene Profis als Solisten, Antje Bitterlich (Sopran), Alexander Yudenkov (Tenor) und Thomas Herberich (Bass). Sie singen die Rezitative und Arien der Schöpfungsgeschichte in den Rollen der Erzengel und, im dritten Teil, als Adam und Eva (Bass und Sopran).
Und das machen sie ganz wunderbar mit ihrer Routine. Sie spulen aber nicht nur ihre umfangreichen und anspruchsvollen Partien ab, nein, sie sind erkennbar mit Leib und Seele dabei. Drei tolle, gereifte Stimmen, die dennoch ganz frisch klingen und darüber hinaus auch noch gut verständlich sind. Sie glänzen allein, im Duett oder Terzett, sowie in präziser Abstimmung mit Chor und Orchester.
Da hat Jochen Schaaf ganze Arbeit geleistet, gewohnt souverän – und wie immer ohne Blatt – hält er nicht nur das große Ensemble bestens zusammen, sondern spornt sie zu Höchstleistung an. Quasi nebenbei bedient er ganz nonchalant noch den (elektronischen) Basso Continuo.
Und auch die Chöre sind zu 100 Prozent auf dem Punkt, nicht nur ohne Fehl und Tadel, sondern ganz ausgezeichnet bringen sie die großen Emotionen und Haydns Schwung herüber in den großen Kirchenraum. Der ist allerdings etwas feucht und kühl, zudem ist die Akustik problematisch, das trübt den Konzertgenuss aber kaum.
Das Schöneck-Ensemble und hier vor allem die Bläser sind ebenfalls uneingeschränkt zu loben. Präzision, Spielfreude und das tiefe Werkverständnis sind die entscheidenden Faktoren.
Dieses monumentale Werk zeigt, was der Mensch, die sogenannte Krone der Schöpfung, zu leisten imstande ist. Großer Applaus des ergriffenen Publikums dafür.