Heavy Metal: Laut, hart und düster

Heavy Metal ist eine der provokantesten, aber auch beliebtesten Subkulturen der Rockmusik. Die britische Band Iron Maiden, Wegbereiter des Metal, bringt heute ihr 16. Album "The final Frontier" heraus - der perfekte Anlass für einen genauen Blick auf Ursprünge und Natur dieser Musik.

 Janick Gers in Aktion: Er spielt seit 1990 bei Iron Maiden und bildet zusammen mit Dave Murray und Adrian Smith das Gitarrentrio, das durch den Bass von Steve Harris ergänzt wird. Foto: dpa

Janick Gers in Aktion: Er spielt seit 1990 bei Iron Maiden und bildet zusammen mit Dave Murray und Adrian Smith das Gitarrentrio, das durch den Bass von Steve Harris ergänzt wird. Foto: dpa

Trier. Freiheitsdrang, Unangepasstheit und das Donnern schwerer Motorräder prägten 1968 zum ersten Mal den Begriff Heavy Metal in der Musik. Die Band Steppenwolf sang in ihrer Jahrhunderthymne "Born to be wild" diese Zeilen: "I like smoke and lightning, heavy metal thunder." (Ich mag Rauch, Blitz und Schwermetall-Donner.) Es sollte von diesem Punkt an allerdings noch mehr als zehn Jahre dauern, bis Heavy Metal sich als Synonym einer kompletten Musikrichtung etabliert hatte.

Vorher kam der Hardrock und feierte in den 70ern riesige Erfolge. Die großen Drei - Deep Purple, Led Zeppelin und Black Sabbath - grenzten sich vom Lebensgefühl der in alles und jeden verliebten Hippies und der vor allem in den USA ungeheuer erfolgreichen Disco-Welle ab - durch hart und düster gespielte Rockmusik, dominiert von dynamischen Gitarren und brillanten Soli.

Den großen Drei folgten Bands wie Kiss, Motörhead und AC/DC, die ebenso filigrane wie druckvolle Gitarrenarbeit mit provokanten Texten und simplen, aber eingängigen und mitreißenden Tonfolgen, im Rock-Jargon Riffs, verbanden. AC/DC setzten verstärkt auf Blues-Elemente, bei Motörhead war es mehr der Rock'n'Roll. Beide sind heute Legenden und immer noch auf den Bühnen dieser Welt aktiv.

Die Vermischung von Punk und Hardrock



In den späten 70ern suchten junge englische Musiker nach einem neuen Stil und einer Chance, sich ihrerseits von den großen Alten aus den 60ern und 70ern abzugrenzen. So kam der damals in England dominante Punk ins Spiel. Simple Kompositionen, ein extrem hohes Tempo, raue oder schneidende Gesangsstimmen und Texte mit politischen oder nihilistischen Inhalten ergänzten sich hervorragend mit dem von starken Gitarren dominierten Hardrock und schufen in Struktur, Inhalt und Selbstverständnis eine neue Spielart. Dem Vorbild von Black Sabbath folgend drehten sich Texte und Plattencover um Motive aus Mythologie und auch Okkultismus, was dem jungen Genre den Ruf einbrachte, seine Repräsentanten seien alle Satanisten.

Keine einzelne Band kann von sich behaupten, sie habe den Heavy Metal erschaffen oder erfunden. Es gibt jedoch eine, die ihn geprägt hat und maßgeblich dafür verantwortlich war, dass er zum weltweit anerkannten Stil und Marktsegment mit hohen Verkaufspotenzial wurde. Der junge Londoner Steve Harris, ein gelernter Bauzeichner, in seiner Jugend angehender Fußballprofi und genialer Musiker, gründete 1975 die Formation Iron Maiden und brachte mit ihr nach fünf harten Jahren in winzigen Kaschemmen 1980 das gleichnamige Debütalbum raus. Die Folgen sind bis heute spürbar.

Iron Maiden spielten vor Energie knisternde schnelle Gitarrenfiguren, verbunden mit Melodien und Refrains, die harmonisch und sofort mitsingbar waren. Zusammen mit ebenfalls jungen und hungrigen britischen Bands wie Saxon und Def Leppard bildeten Iron Maiden die "New Wave of British Metal" (Neue Welle des britischen Metal), die schließlich auch den amerikanischen Plattenmarkt erreichte. Und wieder sind die Folgen bis heute spürbar.

Metallica verkaufen 100 Millionen Alben



Denn als Iron Maiden mit den Alben "The Number of the Beast", "Piece of Mind" und "Powerslave" auch in den USA zur erfolgreichen Marke wurden, schufen sie das Bewusstsein junger US-Musiker, an den Metal zu glauben. Sie weckten auch die Bereitschaft der Manager und Plattenfirmen, ihn zu vermarkten.

Und so folgte der "New Wave of British Metal" eine neue Welle, eine härtere, schnellere, basslastigere und metallischere Metal-Spielart, aggressiv und voller Zorn. Die Formation Metallica um James Hetfield kam aus der Bay Area von San Francisco und wurde mit bis heute 100 Millionen verkauften Tonträgern - Iron Maiden steht bei 80 Millionen - zu einer der gefragtesten und erfolgreichsten Bands im weltweiten Musikgeschäft. Zusammen mit Slayer, Megadeth und Anthrax zählten Metallica zu den großen Vier des Thrash Metal - der zweiten Generation des Metal.

Um die Inhalte und Strukturen des Thrash Metal geht es in einer der nächsten TV-Ausgaben.

Kurzkritik

Die zehn Songs des neuen Iron-Maiden-Albums in der Einzelwertung: Satellite 15: The final Frontier: Ein mit über vier Minuten zu langes Intro, danach nimmt der erste Titel aber gut an Fahrt auf und zeigt, was das Album prägt: starke Gitarrenarbeit, klare Strukturen, tolle Refrains. El Dorado: Ein Sieben-Minuten-Stück. Nicht der stärkste Titel der Scheibe, aber geradeheraus und mit hohem Live-Potenzial, was sich vor kurzem in Wacken gezeigt hat. Mother of Mercy: Eine dunkle und düstere Hymne über das Grauen des Krieges. Krachende Riffs und eine starke Leistung von Sänger Bruce Dickinson. Coming Home: Der stärkste Titel des Albums! Die Bassläufe von Steve Harris brennen sich im Gehörgang fest. The Alchemist: Vier Minuten voller Energie, Geschwindigkeit und meisterhafter Gitarrenharmonien. Isle of Avalon: Eine Neun-Minuten-Nummer voller Breaks. Erfordert mehrmaliges Hören. Starblind: Kein ausgesprochen harter Rock, eher psychedelisch mit leisen Blues-Elementen. The Talisman: Wieder ein sehr langes Intro, dem ein Gitarrengewitter und Dickinsons durchdringendes Organ folgen. The Man who would be King: Ebenfalls episch lang mit eher seltsamem Intro. Der Song zündet nicht auf Anhieb. Progressive Elemente, ein starker Riff und ein melancholisches Ende. Where the wild Wind blows: Auch an diesen Titel muss man sich gewöhnen. Geprägt von Wechseln zwischen "gefühlvoll" und "volle Kraft voraus". (jp) The Final Frontier, EMI, 15,95 Euro, ab heute im Handel

Zur Person

Bruce Dickinson ist Sänger und Frontmann von Iron Maiden. Wegen der hohen Tonlagen, die er meisterhaft beherrscht, nennen ihn die Fans "The Air Raid Siren" (Die Luftangriffsirene). In seiner Jugend war er Weltspitze-Fechter. Seit den frühen 90ern hat er den Pilotenschein für Passagierflüge und fliegt heute hauptberuflich für die 2002 gegründete Charterfluglinie Astraeus. Für die Arbeit mit Iron Maiden nimmt er Urlaub. (jp)

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