Heiße Rhythmen gegen deutschen Regensommer

Trier · Die Barrelhouse Jazzband hat bei einer Matinee des Mosel-Musik-Festivals 350 Zuschauer begeistert. Ihr kreolischer New Orleans Jazz und energiegeladene Auftritte der Soul-Diva Harriet Lewis sorgten trotz wetterbedingter Verlegung des Konzerts vom Hof des Kurfürstlichen Palais in die Europahalle für sommerliche Stimmung.

Trier. Ein bisschen Galgenhumor schwingt mit, als Mosel-Musik-Festival-Chef Hermann Lewen die Konzertbesucher im "überdachten Innenhof des Kurfürstlichen Palais" begrüßt. Wie schon vier der fünf Jazzmatineen der Festivalvorjahre hatte das Konzert der Barrelhouse Jazzband wegen schlechten Wetters in die Europahalle verlegt werden müssen. Doch die damit verbundenen atmosphärischen Einbußen - Lüftungsanlage statt Sommerbrise, Zweckbau statt historische Kulisse - sind schnell vergessen. Deutschlands älteste Jazzband (gegründet 1953) hat ein feuriges Programm im Gepäck. Es führt zurück zu den Wurzeln des New Orleans Jazz, die die kreolische Bevölkerung Louisianas um 1900 aus dem Erbe ihrer Vorfahren geformt hat. Volksmusik aus Guadeloupe, Martinique oder dem Golf von Mexiko bildet die Grundlage für temperamentvolle, lebensfrohe, manchmal auch leise melancholisch gefärbte Klänge, die vor allem durch tanzbare karibische Rhythmen bestechen.
Die sieben Musiker der Barrelhouse-Jazzband um Klarinettist Reimer von Essen interpretieren größtenteils Stücke historischer Jazzgrößen aus New Orleans wie Sidney Bechet und Jelly Roll Morton. Sie spielen aber auch Titel von Humphrey Lyttleton, der deren Einflüsse für den europäischen Jazz entdeckt hat, sowie eigene Kompositionen.
Vielfarbige Arrangements mit unterschiedlichen Saxofonen, Klarinetten, Trompete, Posaune, Banjo, Gitarre, Schlagzeug und Piano sorgen für eine gelungene Verbindung von authentischem und eigenem modern übersetztem Sound. Das kommt sehr gut an, doch zum echten Kracher an diesem Morgen werden die beiden mehrere Titel umspannenden Auftritte von Harriet Lewis. Die ehemalige Background-Sängerin von Michael Jackson oder Eric Clapton macht ihrer späteren Auszeichnung als beste Soul-, Blues- und Gospelsängerin Europas alle Ehre. Titel all dieser Stilrichtungen, darunter die Billy-Holiday-Ballade "My man", wirft sie mit einer derartigen Intensität in den Saal, dass das Publikum augenblicklich gefangen ist. Frenetischer Applaus ist der Lohn. ae

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