Herr Rossi singt vom Glück: Argentinischer Schlagersänger präsentiert in Trier seine Liebeslieder
Trier · Als Argentinier hat er es zu einem der erfolgreichsten deutschsprachigen Schlagersänger gebracht. Mit seinen Liebesliedern hat Semino Rossi am Sonntag 1600 Besucher in der Trierer Arena begeistert.
Trier. Karel Gott hat es getan. Nana Mouskouri, Cliff Richard und Gilbert Bécaud auch. Sie und viele andere haben auf Deutsch gesungen, obwohl es nicht ihre Muttersprache ist. Ein kleiner, fremder Akzent verhalf dem deutschen Schlager zu einem Hauch von Weltläufigkeit, wenn auch nur angedeutet. Das Konzept war in den 1960er Jahren so erfolgreich, dass selbst die Berlinerin Manuela den amerikanischen Akzent imitierte, um ein wenig wie Connie Francis zu klingen. Als sie "Schuld war nur der Bossa Nova" trällerte, war der kleine Omar gerade einmal ein Jahr alt, wuchs im argentinischen Rosario auf, brabbelte seine ersten spanischen Sätze und dachte - obwohl aus einer musikalischen Familie stammend - gewiss nicht daran, eines Tages unter dem Namen Semino Rossi einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Schlagersänger zu werden.
Wenn er jetzt auf der Bühne steht und die 1600 Besucher in der Trierer Arena begrüßt, dann hat Semino Rossi immer noch seinen spanischen Akzent, obwohl er seit 30 Jahren in Österreich lebt. Und fast scheint es, als würde er beim Singen den sanften Schmelz und die weichen Konsonanten noch etwas intensiver zum Ausdruck bringen, um noch ein bisschen "schnulziger" zu klingen. Denn "Schnulzensänger", das ist für ihn kein Schimpfwort, im Gegenteil: "Ich fühle mich geehrt", sagte er einmal im Interview mit der Bild-Zeitung. Und so singt er dann auch das, wofür er steht: "die schönsten Liebeslieder aller Zeiten" - wie der Untertitel seiner aktuellen CD "Amor" verspricht. "Der letze Walzer", "Sag mir quando, sag mir wann" und natürlich seine eigenen Titel wie "Du bist meine Sinfonie" oder "Rot sind die Rosen" stehen dabei auf dem Programm.Blumen und Pralinen
In der rechten Hand hält Rossi das Mikrofon, die linke legt er bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf sein Herz, wenn er nicht gerade Blumen oder Pralinen entgegennehmen muss, die ihm von den vorzugsweise weiblichen Fans auf die Bühne gereicht werden. Der bekennende Schokoladen-Liebhaber hat zu Hause schon "einen Vorrat für sieben Jahre", wie er eingesteht.
Für seine Tournee hat Rossi nicht nur eine Band und drei Background-Sängerinnen engagiert, sondern auch drei kubanische Blechbläser sowie drei Tänzerinnen und zwei Tänzer, ebenfalls von der Karibik-Insel. Zwar liegt Havanna von Buenos Aires genauso weit entfernt wie etwa von Dublin, doch das stört kaum, solange es nur für das richtige Latino-Feeling sorgt. Anders als der Spanier Julio Iglesias, der mit zahlreichen Affären Schlagzeilen machte, verkörpert der Argentinier, der in diesem Jahr mit seiner Frau Gabi silberne Hochzeit feiert, allerdings nur bedingt den Latin Lover. Auch mit 53 Jahren hat er immer noch eher das Image des netten Schwiegersohns. Für knisternde Erotik müssen also die drei hübschen Kubanerinnen und ihre Tanzpartner sorgen.Intime Atmosphäre
Überhaupt: Große Bühnenshow und edler Anzug, das ist nur die eine Seite des ehemaligen Straßenmusikers, der sein Publikum durchweg mit "ihr" und "euch" anredet. Wenn er sich mit seinen Musikern auf die Bühnentreppe setzt und unplugged ein paar Lieder - von "Über den Wolken" bis "Capri-Fischer" - anstimmt, oder wenn er, begleitet von heißen Rhythmen, "Besame mucho" singt, dann möchte man sich Semino Rossi in einer kleinen Kneipe oder Latino-Bar vorstellen, in ungezwungener und intimer Atmosphäre. Gut, dass er sich hier einmal auch anders präsentieren kann, als auf seinen CDs. In der Arena ist es zwar nicht möglich, jedem einzelnen Besucher die Hand zu schütteln. Aber nach dem Konzert nimmt sich der Sänger Zeit, Autogramme zu geben. Etwas Nähe zu den Fans muss eben sein.
