Herz, Nase und Mittelfinger

In jedem Monat gibt TV-Redakteur Andreas Feichtner einen Ausblick auf die Rock/Pop-Konzerte der kommenden Wochen. Im November freut er sich auf The Notwist, Sigur Ros oder den zweiten Jimi Hendrix.

 Jimi lebt: Randy Hansen züngelt im Freudenburger Ducsaal. Foto: privat

Jimi lebt: Randy Hansen züngelt im Freudenburger Ducsaal. Foto: privat

Trier. (AF) Musik-Journalisten sind Menschen, die es nicht zum Rockstar geschafft haben und die dann ihren Verdruss in Zeilen aus Häme, Hass und Frust pressen. Sagen Rockstars, wenn gerade Ebbe in der Whiskey-Flasche herrscht, versehentlich der Fernseher aus dem Hotelfenster gekippt ist und kein Groupie in Grapsch-Weite. Das ist natürlich Klischee. Denn manchmal haben beide Seiten den gleichen exquisiten Geschmack. So ist es etwa leicht, The Notwist zu lieben, die deutsche Vorzeigeband des Indie/Elektro. Nicht nur, weil sie verspielt ist, clever und die Jungs natürlich keine Fernseher werfen. Auch nicht nur, weil The Notwist nach jahrelanger Abstinenz wieder in der Region spielen (22. November, Kulturfabrik Esch). Sie haben auch romantische Momente. So erinnere ich mich an eine Nacht in Trier, in der Notwist-Mitglied Console nach einem Konzert sein Herz verlor: ganz in meiner Nähe, vor der "Idealbank", an eine zauberhafte Fremde. "Dich würde ich gerne heiraten", säuselte er ihr zu. Sie schaute, lächelte, konnte sich aber bremsen: keine Hochzeit, sorry! Ein netter Zug - wie ich fand - von meiner Freundin. Schließlich ist Console bestimmt ein Super-Typ.

The Notwist sind dabei zwar erfolgreich und hochgelobt, aber eben auch kein Massenphänomen.

Ähnliches - in noch größerem Rahmen - gilt auch für die Isländer Sigur Ros, die nach einem denkwürdigen Open-Air-Auftritt in Luxemburg nun in der Rockhal Esch auf höchste Erwartungshaltung treffen (18. November).

Überhaupt sollte nicht nur im November gelten: Ein Herz für die Nischen, die Nase im Wind und ein Mittelfinger für die Mainstream-Hinterher-Hechler. Mut und Individualität beweisen geht doch so leicht: etwa einfach zu den hierzulande unbekannten Japanern Osaka Monaurail gehen (James-Brown-Funk, 10.11., Varieté Chat Noir, Trier). Und mit Jimi-Hendrix-Nachlass-Verwalter Randy Hansen (15.11., Freudenburg) macht man auch nie was falsch. Ebenfalls Daumen hoch gibt es für The Streets (britischster Hip Hop, 7.11., Atelier) und Dirty Pretty Things mit Ex-Libertine Carl Barat (24.11., Rockhal, Abschiedstour).

Zugabe

Heute gibt's Lamm: Lambchop (5.11., Dudelange), 51st State of Luxembourg: New Model Army in Clausen/L (6.11.). Punk-Legende: Steakknife im Exhaus (7.11.). Kraut vergeht nicht: Jane in Freudenburg (8.11.). Gut dabei: Clueso in Morbach (8.11.), Nissan früher: The Datsuns in der Rockhal Esch (13.11.). Benefiz: mit "jetzt." & Co. (15.11., TR, MJC-Keller). Erinnern: Creedence Clearwater Revival (Echternach, 15.11.). Unterirdisch, aber gut: The Subways (Atelier/L., 23.11.), Mundpropaganda: Schandmaul (Europahalle, 28.11.). (AF)

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