Hinter schönem Schein lauert das Grauen

Trier · Wuchernde Gebilde und nüchterne Geometrie: Die Trierer Galerie Junge Kunst zeigt die Ausstellung "Limbus", was übersetzt gleichermaßen Einfriedung, Abgrenzung und Vorhölle bedeuten kann.

 Bei Jáchym Fleigs wandfüllenden Arbeiten kommt es auf die Perspektive an. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Bei Jáchym Fleigs wandfüllenden Arbeiten kommt es auf die Perspektive an. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Trier. "Das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang", hat schon Rainer Maria Rilke gewarnt. Auch in der Galerie Junge Kunst kommt es mal wieder auf die Perspektive an. Ganz von fern sehen Jáchym Fleigs wandfüllende Arbeiten aus wie riesige Ornamente. Bei näherem Hinsehen wird die Sache schon griffiger, und die weißen Gebilde, die Wände, Fenster und Tür des Galerieraums überziehen, haben etwas von den dicken Häkelgardinen. Dann - noch etwas näher, fährt einem der Schreck in die Glieder. Was da Mauer und Glas wuchernd überzieht, sind kleine Gebilde in der harmlosen Form von Spritzkuchen, aber mit der Ausstrahlung eines Ausschlags.
Wie einst Dornröschens Rosenhecke dichtet er den Innenraum nach außen ab, um im Innern ungehemmt weiter zu wachsen. Jáchym Fleig beschäftigt sich mit den Bedingungen des Raums. Auch wenn seine Arbeiten genau geplante künstlerische Eingriffe sind, die den Raum neu formulieren, so wirken sie doch wie vom Raum selbst hervorgebracht.
Fleigs fast malerischen phantasievollen Wandarbeiten stehen Ulrike Mundts plastische Objekte gegenüber, geometrische, schwarz -weiß "gekachelte" Becken auf Stahlständern, deren Nüchternheit an die Gerätschaften von Pathologie und Schlachthaus erinnern. Sperrig stehen sie im Raum, Fremdkörper, die sich in Fleigs Fantasieraum gedrängt haben. Es ist die Raumwirkung, die Verschränkung zweier so unterschiedlicher Positionen im Raum, die diese Ausstellung in ihrem Widerspruch spannend machen. Fleig und Mundts Arbeiten sind Bild für vieles, etwa für die trügerische Ruhe friedlicher Räume und Existenzen. Sie können auch für die beiden menschlichen Grundbedingungen stehen: die schnöde Materie und eine grenzenlose, bildfindende und sinnstiftende Fantasie.
Die Ausstellung ist noch bis 10. September zu sehen. Öffnungszeiten: Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung, Telefon 0651/79763840

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