Hochassoziativ, aber nicht rund

Luxemburg · Das mit Spannung erwartete Debüt des Schauspielers Johan Leysen als Autor und Regisseur erweist sich als sperriger, stark persönlich gefärbter Theaterabend. "Trauerzeit" fordert das Publikum.

Luxemburg. Vielleicht ist es einfach nicht das richtige Stück für einen schwülen Frühsommerabend. Johan Leysens "Trauerzeit" erzählt in düsteren Bildern und Texten von Kindheit, Tod und Verlust - derweil draußen die Sonne strahlt wie seit Wochen nicht.
Es ist mächtig, was Leysen da zusammengestellt hat: Texte von Freud über die Vergänglichkeit, von Simone Weil über die Gewalt des Tötens, und von eigener Hand über den frühen Unfalltod des Vaters. Kindheitserinnerungen, die sich mit dem Text von Rilkes "Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke" verbinden, den Leysens Vater einst ins Flämische übersetzte und dem Sohn auf fliegenden Blättern hinterließ.
Anfangs ist die große Bühne im Studio des Grand Théâtre völlig leer, bis auf Wäscheleinen mit schwarzen Wimpeln. Später wird sie bevölkert von einem Streichquartett, einer Rezitatorin, einer Sängerin, einer mit schwarzen Schirmen überdachten Passage, historischen Kinderwagen und einem Super-8-Projektor, der endlose Bilder von einem schaukelnden zehnjährigen Jungen strapaziös auf eine papierne Leinwand wirft.
Das alles ist hochassoziativ, rundet sich aber nicht zu einem Theaterstück. Und die schlaglichtartige Szenenfolge ist nicht so prägnant und kontrastreich, dass sie alleine einen großen Abend tragen könnte.
Was bleibt, ist eine Art tieftraurige Revue, mit einigen sehr einprägsamen Momenten. Leysens mit grandiosem Understatement rezitierte Rilke-Novelle etwa. Oder die von Louise Wayman eindrucksvoll interpretierte Vertonung von Rilkes berühmtem Gedicht "Der Tod ist groß". Die markanten Klänge des Cello-Quartetts Ensemble Arton&Armide, Isabelle Ronayettes wortmächtig vorgetragene Texte. Dennoch unterm Strich eine eher blasse Vorstellung. Vielleicht, wie gesagt, weil es draußen zu hell strahlte. DiL

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