I did it my way

Trier · Mit dem Wort von der Ära, die zu Ende geht, ist man schnell bei der Hand. In der Trierer Jazz-Szene ist es aber angebracht, wenn Thomas Schmitt heute Abend in der Tufa nach 35 Jahren sein letztes Konzert organisiert.

Trier. Der Mann, mit dem alles anfing, ist schon lange tot: Joe Schwarz, Saxofon-Legende, Unikum und in den 1970er Jahren Inhaber der Jazz-Kneipe Hamburger Hof in Trier-Nord.
Eines Tages verirrte sich ein junger Musiklehrer in das musikalische Etablissement. Bis dahin war Thomas Schmitt mit Jazz kaum in Berührung gekommen, aber die Begegnung mit Schwarz fixte ihn derart an, dass er im Februar 1978 mit Freunden den Jazzclub Trier gründete.
Von der Aula zum Schießgraben


Die ersten Konzerte fanden in Schul-Aulen, im Exhaus oder im Museum Simeonstift statt. Mit von der Partie waren einheimische Szenegrößen wie Georg Ruby und Dieter Manderscheid, die später überregional Furore machen sollten. Aber man riskierte auch Großkonzerte mit Jazz-Prominenz wie Joe Haider und Ack van Royen in der Europahalle.
Zum Trierer Jazz-Nukleus entwickelte sich die Kellerkneipe am Schießgraben, nicht weit von der Postsporthalle entfernt. An heißen Konzert-Abenden tropfte dort der kondensierte Schweiß von der Decke, und das Publikum erlebte hautnah Weltklasse-Musiker. Der Kult-Faktor war gigantisch, die Einnahmen in dem kleinen Laden weniger. Und so zog man 1986 weiter in den Aalkasten, eine Zurlaubener Gastwirtschaft. Größer, feiner, flexibler: Hier war Platz für Giganten wie Jan Garbarek, Albert Mangelsdorff oder Lee Konitz. Was aber fehlte, war ein umsatzträchtiger Biergarten im Freien. Nach drei Jahren hatte der Club jede Menge Schulden, die langfristig - auch unter Einsatz privaten Kapitals - abgezahlt wurden.
Neue Heimat in der Tufa


Eine neue Heimstatt fand man in der Tufa, auch wenn Thomas Schmitt, "nebenher" auch Chef-Kulturpolitiker der Trierer SPD, lieber einen Laden für sich gehabt hätte. Mit der Tuchfabrik als Basis konnte man in die Stadt ausgreifen, immer wieder neue Ideen und Konzepte entwickeln. Workshops, Matineen, sommerliche Open-Air-Programme, Jazzfeste auf dem Petrisberg, Gastspiele an der Uni und im Kurfürstlichen Palais: Kaum eine Location, die nicht bespielt wurde.
Auch musikalisch blieb der Verein variabel: Förderung für den Klassik-Nachwuchs, Crossover-Konzerte im Theater - und das alles immer wieder in enger Zusammenarbeit mit Metz und Luxemburg. Fast 1600 Konzerte in 35 Jahren - seit 1999 nicht mehr unter dem Label Jazzclub Trier, sondern mit dem neuen Verein Jazzclub Eurocore.
Der Vorsitzende hieß auch da wieder Thomas Schmitt. Unermüdlich, unbequem, manchmal auch kompromisslos. Geblieben sind etliche, penibel geführte Listen über alle Veranstaltungen - aber vor allem auch eine Unzahl von Anekdoten, aus denen sich bequem ein Buch für die Nachwelt stricken lassen würde.
Das letzte Kapitel wäre freilich nicht so schön: Mit 65 hat sich Triers Mr. Jazz entschlossen, aufzuhören - so wie seine Vorstandskollegen Günter Freber und Brigitte Flügel-Schmitt. Und weil kein Nachwuchs da war, der den Karren ziehen wollte, hat man den Jazzclub Eurocore nach mehreren erfolglosen Aufrufen aufgelöst. Es dürfte also etwas Wehmut herrschen, wenn heute Abend das letzte Konzert über die Bühne geht.Extra

Zum großen Finale hat der Jazz-Club Eurocore mit der Skoda-All-Star-Band noch einmal große Wegbegleiter wie Uli Beckerhoff, Matthias Nadolny, Peter O\\'Mara und Bruno Castelluci eingeladen, die über Jahre bei den internationalen Workshops in Trier ihr Jazz-Können weitergaben. Stargast ist die spanische Sängerin Sonnica Yepes. Das Konzert beginnt heute Abend, 28. November, 20 Uhr, im großen Saal der Tuchfabrik in Trier. Karten an der Abendkasse. DiLExtra

 Unermüdlich und unbequem: Thomas Schmitt. TV-Archiv/Foto: M. Wollscheid

Unermüdlich und unbequem: Thomas Schmitt. TV-Archiv/Foto: M. Wollscheid

Für Außenstehende schwer zu verstehen: In Trier gab es seit 14 Jahren zwei Jazzclubs mit einer gemeinsamen Geschichte. Aufgrund konzeptioneller Differenzen hatte Thomas Schmitt "seinen" Jazzclub Trier 1999 verlassen und den Jazzclub Eurocore gegründet. Dass letzterer jetzt aufgelöst wird, bedeutet nicht, dass der ursprüngliche Jazzclub nicht mehr existiert. Im Gegenteil: Unter seinem Vorsitzenden Nils Thoma organisiert er Konzerte mit einheimischen Musikern und Gästen, fördert den Nachwuchs, bietet Workshops an, kooperiert mit der städtischen Musikschule und betreibt ein eigenes CD-Label. Kontakt: www.jazz-club-trier.de DiL

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