"Ich hatte die Freiheit, mich auszuprobieren"

Echternach · Die beliebte Schauspielerin Senta Berger wird am Samstag, 17. Januar, im Trifolion Echternach Einblicke in ihr bewegtes Leben geben. Sie liest dort aus ihrem Buch "Ich habe ja gewusst, dass ich fliegen kann", in dem sie ihre Erinnerungen an die Nachkriegskindheit in Wien und die vielen Stationen ihrer Theater- und Filmkarriere festgehalten hat.

Echternach. Als Polizeirätin Dr. Eva-Maria Prohacek, für deren Darstellung sie den Grimme-Preis erhielt, ist Senta Berger regelmäßig im Fernsehen präsent. Aber das ist nur ein winziger Ausschnitt einer erfolgreichen Karriere, auf die die vielseitige Künstlerin zurückblicken kann. Sie stand in Hollywood mit Yul Brynner, Frank Sinatra, Kirk Douglas und Dean Martin vor der Kamera oder drehte in Frankreich mit Alain Delon. Auf Theaterbühnen spielte sie an der Seite von Curd Jürgens, Maximilian Schell und Klaus-Maria Brandauer. Populäre Auftritte hatte sie in Serien wie "Kir Royal" oder "Die schnelle Gerdi". Gemeinsam mit Ehemann Michael Verhoeven, mit dem sie seit 1966 verheiratet ist und zwei Söhne hat, ist Berger auch als Produzentin erfolgreich. Über all das hat die heute 73-Jährige ein Buch geschrieben, aus dem sie am 17. Januar im Echternacher Trifolion liest. Einen kleinen Vorgeschmack darauf hat sie TV-Mitarbeiterin Anke Emmerling im Interview gegeben.In Echternach lesen Sie aus Ihrer Biografie "Ich habe ja gewusst, dass ich fliegen kann". Hatten Sie schon in jungen Jahren so viel Zuversicht?Senta Berger: Gerade in jungen Jahren hatte ich diese Zuversicht. Ich war stark aus Unwissenheit, aus Unerfahrenheit. Meine Musikalität wurde von meinem Vater früh gefördert, meine Fantasie habe ich sicherlich von meiner Mutter geerbt. Sie war eine ganz einfache Frau mit der Gabe, sich die wunderbarsten Geschichten auszudenken und sie zu erzählen. Aus einer Serviette konnte sie im Handumdrehen einen Hasen mit zwei langen Ohren machen, der mich zum Essen animieren sollte. Es waren ja die sogenannten schlechten Jahre, in denen ich aufwuchs. Kein Tropfen Suppe durfte verloren gehen. Noch etwas, denke ich, habe ich von meiner Mutter geerbt: ihr Talent zu beobachten und ihre Unterscheidungsfähigkeit, was wichtig ist und was nicht. Das hat mir stets und besonders in den Anfängerjahren geholfen. Als ich mit 16 Jahren in die Schauspielschule aufgenommen wurde, sah ich, dass meine Fähigkeiten, auf die ich bis dahin gebaut hatte, wirklich nur Anlagen waren. Mit einem Text umgehen, ihn verstehen, vor allem die Worte zwischen den Zeilen, die Situation spielen, in der die Figur ist, und sich zu ihrem Anwalt machen - das waren dann herrliche Entdeckungen im Laufe der Jahre. Aber am Anfang standen nur meine Begabung, meine Neugierde, meine schnelle Auffassungsgabe, meine Faszination für das Theater und natürlich für den Film.Inwieweit hat Ihr Vater, der seine musikalisch-künstlerischen Neigungen ja nie zum Beruf machen konnte, den Grundstein für Ihre Laufbahn gelegt?Berger: Ich habe erst neulich darüber nachgedacht, wie selbstverständlich es mir erscheint, dass ich früh und durch viele Jahre hindurch Ballettunterricht bekommen habe. Natürlich habe ich das meinem Vater zu verdanken. Er hat sich darum gekümmert, dass ich in die staatliche Ballettschule der Akademie für Darstellende Kunst in Wien komme. Er hat sich um meinen Klavierunterricht gekümmert, wir gingen einmal im Monat ins Theater und in die Oper - bis meine Pubertät alldem ein Ende machte. Mein armer Vater! Er hat mir die Erlaubnis gegeben, mich für die Aufnahmeprüfung der Schauspielschule anzumelden. Er muss also etwas in mir gesehen haben, das über den Übermut eines Teenagers hinausging. Wahrscheinlich hat er mir diese Freiheit gegönnt, mich auszuprobieren auf einer Bühne wie im Leben, weil ihm selbst diese Möglichkeiten nie gestattet worden waren. Seine Eltern waren ängstliche Kleinbürger. Meine Eltern waren arm, aber kleinbügerlich waren sie nie. Ihr Vertrauen in mich war ermutigend.Gibt es eine Entscheidung in Ihrem Leben, die Sie so sicher nicht noch einmal und eine, die Sie auf jeden Fall noch einmal genauso treffen würden?Berger: Diese Frage berührt vor allem mein privates Leben. Aber was ich sagen kann, ist: Ich bereue, dass wir heute nicht in Wien, meiner Geburtsstadt, leben. Es war eine Entscheidung, die ich meinem Mann zuliebe getroffen habe. Heute denke ich, ich hätte mich durchsetzen können und müssen. Eine Entscheidung, die ich heute genauso und frohen Herzens treffen würde, ist die Entscheidung für meinen Mann.Gibt es eine oder mehrere Rollen, die Sie gespielt haben, mit denen Sie sich heute besonders identifizieren können?Berger: Nein, ich identifiziere mich nicht mit meinen Rollen. Grundsätzlich nicht. Ich habe eine starke Vorstellung von Frau Eva Prohacek, von Rita Böhm, von der schnellen Gerdi Angerpointner. Ich habe ihnen sogar die Namen gegeben. Es ist inspirierend, Frauen zu spielen, die in ihrer Art, mit ihrer Biografie so ganz anders sind als ich. Ich verstehe sie, sie wachsen mir sogar ans Herz. Aber ich identifiziere mich nicht mit ihnen. aeExtra

Senta Berger kommt mit ihrem Buch "Ich habe ja gewusst, dass ich fliegen kann" am Samstag, 17. Januar, um 20 Uhr ins Trifolion Echternach. Damit setzt sie die im Herbst 2014 begonnene neue Literaturreihedes Trifolions fort, bei der bereits die Schauspielerin Esther Schweins und der Schriftsteller Martin Walser zu Gast waren. In der Reihe präsentieren Prominente besondere Werke der Literaturgeschichte oder lesen aus ihren Memoiren. Nach Berger wird der Schauspieler Joachim Król am Sonntag, 25. Januar, 20 Uhr, aus "Seide" lesen, dem internationalen Bestseller des Italieners Alessandro Baricco. Begleitet wird er vom Jazztrio South of Border. Karten für die Veranstaltungen mit Senta Berger und Joachim Król gibt es im TV-Service-Center Trier, unter der Hotline 0651/7199-996 und online auf <%LINK auto="true" href="http://www.volksfreund.de/tickets" class="more" text="www.volksfreund.de/tickets"%>. ae/cweb

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