"Ich war zu Tränen gerührt"
Trier · Juliane Hlawati war zehn Jahre lang beim Theater Trier als Tänzerin beschäftigt. In der neuen Spielzeit unter neuer Intendanz bleibt sie dem Theater zwar erhalten, allerdings hinter den Kulissen. Von der Bühne hat sie sich verabschiedet und somit auch vom Tanzen.
Trier. Sie zählte zu den außergewöhnlichen Künstlern des Theater-Ensembles, aus dem sich zahlreiche Mitglieder nach der zurückliegenden Spielzeit von der Trierer Bühne verabschiedet haben. Juliane Hlawati ist eine Tänzerin mit besonderem Talent und außergewöhnlichen Körperbau. Größer und muskulöser als ihre zierlichen Kolleginnen stand sie auf der Bühne für einen kraftvollen Ausdruck, selten für die feenhafte Prinzessin in Not. Vielleicht war dies ein Grund, warum sie in der Abschiedsspielzeit von Indentant Gerhard Weber und Tanztheaterchef Sven Gürtzmacher Charlie Chaplin in "The Tramp" verkörpern durfte.Tschüss, Theater Trier!
TV-Redaktionsmitglied Stefanie Braun hat mit der Tänzerin über ihren neuen Lebensabschnitt und einen besonders dramatischen Abschied gesprochen.
Frau Hlawati, was werden Sie am Theater Trier vermissen?
Juliane Hlawati: Die Kollegen. Einfach diesen Zusammenhalt unter uns. Man wächst eben zusammen, weil man sich etwas gemeinsam aufbaut. Für uns Tänzer ist das Theater auch das soziale Umfeld, man hat wenige Freunde außerhalb.
Gibt es eine besonders schöne oder verrückte Erinnerung, die Sie im Gedächtnis behalten werden?
Hlawati: Verrückt ist eigentlich wenig, das Arbeiten am Theater ist für uns ja Routine. Als Außenstehender findet man bestimmt mehr verrückt, als wenn man immer dabei ist.
Die schönsten Momente waren sicherlich die Probenmomente, in denen man zusammen gelernt hat; solche Momente, in denen etwas nach monatelangen Proben endlich mal richtig gut geklappt hat. Der schönste Moment allerdings, an den ich mich mein Leben lang erinnern werde, war ein Moment beim Abschiedsfest: Ein alter Mann, den ich gar nicht kannte, nahm meine Hand, gab mir einen Handkuss und sagte einfach ‚Danke'. Da war ich zu Tränen gerührt.
Was war Ihr Lieblingsstück oder Ihre Lieblingsrolle am Theater Trier?
Hlawati: Meine Lieblingsrolle war ‚Piaf'. Weil es mein erstes Stück hier in Trier war, das ist immer etwas Besonderes. ‚Deutschland tanzt' war von der Entwicklung im Stück her das interessanteste. Und ‚Tramp' war natürlich ein Highlight, einfach aufgrund der außergewöhnlichen Persönlichkeit, die ich darstellen durfte.
Wie haben Sie die Abschiedsspielzeit erlebt?
Hlawati: Tragisch (lacht). Es war ein ständiges Auf und Ab. Es gab Momente, in denen ich mich darauf gefreut habe, dass jetzt etwas Neues kommt, mit dem ich mich beschäftigen kann. Und dann gab es Momente, in denen ich dachte, dass einfach alles so bleiben soll, wie es ist. Aber es ging allen so, und wir haben uns gemeinsam entschieden, einfach das "Wir"-Gefühl noch einmal zu genießen.
Nach dem Abschied von der Trie-rer Bühne, wie wird es beruflich bei Ihnen weitergehen?
Hlawati: Ich bleibe weiter am Theater als Inspizientin. Aber ich werde aufhören zu tanzen, zumindest so wie bisher. Wenn es zeitlich passen sollte, werde ich noch Projekte nebenher machen. Aber die Inspizienz ist nun das, was ich mir neu erschließen muss. Bei allem anderen schaue ich, wie ich es unterbringen kann. Mit dem Tanzen aufzuhören war definitiv eine Kopfentscheidung. Ich habe hier mein soziales Umfeld, meinen Partner und meine Freunde. Hier ist die Stadt, in der ich bleiben möchte. Vielleicht hätte ich noch an einem anderen Theater tanzen können, aber das möglicherweise auch nur noch für zwei Jahre, je nachdem wie der Körper das mitmacht. Ich habe 17 Jahre getanzt und irgendwann ist der Zeitpunkt gekommen aufzuhören. Aber man weiß ja nicht, was noch kommt. Ich versuche, offen zu bleiben. sbraExtra
Juliane Hlawati wurde 1980 in Wippra geboren, in Berlin wuchs sie auf und ging dort an die Staatliche Ballettschule. Später war sie zehn Jahre lang am Theater Altenburg-Gera. 2008 kam sie nach Trier. Während ihrer ersten Spielzeit tanzte sie Edith Piaf, in ihrer letzten Charlie Chaplin. Mit Szenen aus beiden Stücken schloss sie beim Theaterfest im Juli ihr Engagement als Tänzerin in Trier ab. Dem Theater wird sie auch in der neuen Spielzeit treu bleiben, dann allerdings als Inspizientin, die das Geschehen hinter der Bühne koordiniert.sbra