"Ich weiß jetzt, wo ich hingehöre"

Losheim · Mit einem Mix aus Jazz- und Popmusik begeistert Caro Emerald das Publikum. Im vergangenen Jahr wurde die Niederländerin dafür mit Preisen überhäuft. Am 28. Juli tritt sie in Losheim am Stausee auf. Mit unserem Mitarbeiter Stefan Lehmann sprach sie über ihren Stil, ihren Erfolg, den Tourneestress und das Gefühl, plötzlich ein Popstar zu sein.

Caro, die vergangenen drei Jahre sind wie im Märchen verlaufen: Niemand kannte Ihre Musik, für Ihre Single "Back It Up" haben Sie nicht einmal einen Produzenten gefunden. Inzwischen war Ihr Album in fünf verschiedenen Ländern in den Top Ten. Haben Sie all das "verarbeiten" können?
Caro Emerald: Ein bisschen schon, denke ich. Aber ich glaube, man kann niemals völlig fassen, was das alles bedeutet. Wenn ich auftrete, dann habe ich manchmal 10 000 Leute vor mir, die allesamt mitsingen und die Musik genießen. Es ist unglaublich, dass die alle meinetwegen kommen. Daran gewöhnt man sich wohl nie so ganz - aber das ist gerade das Schöne daran.

In einem anderen Interview haben Sie gesagt, dass es schon immer Ihr Traum war, Sängerin zu werden. Was war Plan B, falls das Ganze nicht geklappt hätte?
Caro Emerald: Naja, eigentlich beinhaltete Plan A schon einen Plan B, C und D. Es gibt ja viele Wege, eine Sängerin zu sein. Und das war für mich das Allerwichtigste. Schon vor "Back It Up" hatte ich hier und da kleinere Auftritte auf Partys oder Hochzeiten und viele Bands, mit denen ich aufgetreten bin. Ich konnte mir zu diesem Zeitpunkt aber nicht vorstellen, allein damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Also habe ich zusätzlich Gesangsunterricht gegeben. Wenn man so will, wäre das wohl Plan B gewesen.
Wie hat sich Ihr Leben seit dem Erfolg Ihrer Single "Back It Up" verändert?
Caro Emerald: Für mich persönlich hat sich gar nicht so viel verändert: Ich habe immer noch dieselben Freunde, wohne immer noch am selben Ort und mache dieselben Dinge in meiner Freizeit. Aber der Erfolg hat viel für mein Selbstvertrauen getan - nicht nur als Sängerin, auch als Mensch: Ich weiß jetzt, wo ich hingehöre. Aber auch als Sängerin bin ich am Erfolg gewachsen, es ist unglaublich. Es begann ja alles so glücklich. Meine beiden Produzenten haben etwas in mir gesehen - und ich habe wirklich lange gebraucht, um zu realisieren, dass das, was sie sahen, auch wirklich da ist. Es hat wirklich lange gedauert, in diese Popstar-Rolle hineinzuwachsen.

Auch in diesem Jahr sind Sie ständig auf Tour, allein in Deutschland stehen im Juli sechs Auftritte an. Dazu kommen unter anderem Gigs in Belgien, Großbritannien, Rumänien und der Türkei. Das klingt eigentlich nicht, als bliebe noch viel Freizeit …
Caro Emerald: Also, in diesem Sommer sieht es eigentlich sehr leicht aus! (lacht) Das letzte und vorletzte Jahr waren dagegen der Wahnsinn. Damals war ich wirklich sehr gestresst, habe auch den Druck sehr deutlich gespürt. Aber inzwischen habe ich schon ein paar Auftritte hinter mir und weiß, was zu tun ist. Diesmal macht es einfach nur Spaß! Und in der Zeit zwischen den Auftritten bin ich immer zu Hause. Es sind ja meistens nur drei Gigs pro Woche - das ist nicht zu viel.

Ihre Musik erinnert stark an den Jazz der 40er und -50er Jahre. Weshalb haben Sie die Entscheidung getroffen, Jazzmusik zu machen?
Caro Emerald: Das war Zufall. Ich habe immer alle Genres zwischen Jazz und Pop gemocht, Soul zum Beispiel, aber auch Hip-Hop und R\'n\'B. Gleichzeitig war ich mir nie ganz sicher, welche Art von Musik ich machen möchte; auch wenn klar war, dass ich einige Einflüsse miteinander kombinieren sollte. Dann hörte ich "Back It Up" zum ersten Mal. Das war eine Art Vorlage für die Art von Musik, die ich machen wollte. Und dann hatte ich einfach Glück, weil die Produzenten mir sagten, dass sie den Song mit mir veröffentlichen wollen. Und das war der Startschuss für eine sehr gute Zusammenarbeit. Das war der Grund, warum ich mir diesen Stil ausgesucht habe. So gesehen hat die Musik mich ausgesucht.

Dieser jazzige Stil ist nur schwer mit dem üblichen Mainstream aus den Charts vergleichbar. Trotzdem sind Sie damit erfolgreich. Wie erklären Sie sich das?
Caro Emerald: Das ist schwer … um in die Charts zu kommen, brauchst du etwas leicht Wiedererkennbares und gleichzeitig anderes. Sonst bekommst du nicht die Aufmerksamkeit der Leute. Und auch wenn unsere Musik im ersten Moment nicht nach Mainstream klingt: Es ist irgendwie doch Mainstream. Wenn man sich die Struktur der Songs anschaut, erinnert das sehr an Pop, es gibt immer einen Refrain, den man mitsingen kann. Ich denke, das wichtigste Element beim Schreiben eines Hits ist, wiedererkennbar zu sein. Das ist, glaube ich, sogar noch wichtiger als der Sound. Und irgendwie haben wir da die perfekte Balance gefunden.

Welcher Jazzmusiker hat Sie am meisten beeinflusst?
Caro Emerald: Wow, das ist eine unfaire Frage! Ich glaube, für mich gibt es da keinen einzelnen Künstler - eher das Genre als Ganzes. Mir gefielen einzelne Songs, und die habe ich mir dann in unterschiedlichen Versionen von verschiedenen Sängern angehört. Aber wenn ich einen Namen nennen müsste, dann wäre es wohl Ella Fitzgerald. Ich denke, sie ist die perfekte Jazzsängerin, nicht nur musikalisch, auch von ihrer Technik her.
Caro Emerald tritt am Samstag, 28. Juli, 19 Uhr, auf dem Eventgelände am Losheimer Stausee auf. Karten gibt es in den TV-Service-Centern Trier, Bitburg und Wittlich, TV-Tickethotline 0651/7199-996, www.volksfreund.de/tickets
Extra

Caro Emerald wurde 1981 in Amsterdam geboren. Mit bürgerlichem Namen heißt sie Caroline Esmeralda van der Leeuw. An einem Musikkonservatorium in Amsterdam studierte sie bis 2005 Jazzgesang. Zwei Jahre später wurde sie beim Vorsingen für ein Demotape entdeckt. Weil sie und ihre beiden Produzenten keine Plattenfirma fanden, die das Lied veröffentlichen wollte, gründeten sie kurzerhand ihr eigenes Label. Im Jahr 2008 wurde "Back It Up" über die Online-Videoplattform Youtube einem breiteren Publikum bekannt. Daraufhin nahm Emerald das Album "Deleted Scenes from the Cutting Room Floor” auf, das in Deutschland bis auf Platz 6 der Charts vorstieß. Auch mit ihrer Single "A Night like this" erreichte sie die Top 5 der Charts. In diesem Jahr wurde Caro Emerald unter anderem mit dem Echo als Newcomerin des Jahres und mit einer Goldenen Kamera ausgezeichnet. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael BoltonVom erwischt werden
Aus dem Ressort