"Ich will die Türen des Theaters weit öffnen"

RECKLINGHAUSEN/LUXEMBURG. Frank Hoffmann (50), Leiter des Théâtre National du Luxembourg (TNL), soll den gebeutelten Ruhrfestspielen Recklinghausen aus der Bredouille helfen. Sein Vertrag läuft zunächst bis 2006. Ein Franzose hat drei Jahre lang die Ruhrtriennale geleitet, ein Luxemburger leitet ab sofort die Ruhrfestspiele. Wird das Revier vom ehemaligen Erbfeind 85 Jahre später kulturell erobert? Hoffmann: Das ist nicht Ihr Ernst - den Erbfeind gibt‘s doch nicht mehr! Es gibt nur noch die Länder, die man manchmal das Kerneuropa nennt. Und dazu habe ich Luxemburg immer hinzugerechnet. Sie arbeiten also weiterhin in der Großregion Heimat? Hoffmann: Auf jeden Fall. Ich werde das TNL nicht verlassen. Ich denke, dass die Ruhrfestspiele davon auch profitieren können- zum Beispiel bei den Vorbereitungen der Produktionen, für die es in Recklinghausen weniger gute Möglichkeiten gibt. Das heißt, Sie werden die bereits bestehende Kooperation zwischen Luxemburg und Recklinghausen noch intensivieren? Hoffmann: Ja, aber weniger in der Zahl der Aufführungen, sondern was die gemeinsame Theaterarbeit angeht. Ich bin nicht so vermessen zu sagen, dass Recklinghausen ein Satellit des TNL wird. Das wäre allein angesichts des Alters beider Institutionen - die Ruhrfestspiele wurden 1947 gegründet, das TNL 1997 - ziemlich anmaßend. Sie sind der erste ausländische Festspielleiter des ältesten deutschen Theaterfestivals. Eine Ehre oder eine Belastung? Hoffmann: Je nach Stimmung. Eine Ehre ist es immer - und eine Belastung bestimmt manchmal. Auf jeden Fall aber eine Herausforderung. Und Herausforderungen habe ich noch nie widerstehen können. Eine Belastung sind sicherlich auch die 700 000 Euro Verlust und die 28 000 Besucher, die der im Streit geschiedene Ruhrfestspiel-Leiter Frank Castorf gemacht beziehungsweise verschreckt hat. Wie kriegen Sie die zurück? Hoffmann: Soweit ich weiß, waren es nur 22 000. Auch nicht gerade wenig. Hoffmann: Ich bin guter Dinge, dass ich daran etwas ändern kann. Ob ich das gleich im ersten Jahr schaffe... Ich hoffe, die Recklinghäuser haben ein bisschen Geduld mit mir. Aber ich schwöre, dass ich all meine Kräfte einsetzen werde, um das so gut wie möglich zu machen - so wahr mir Thalia helfe. Fühlen Sie sich denn sehr unter Druck? Hoffmann: Natürlich. Aber Theater macht man immer nur unter Druck. Sonst, glaube ich, hätte ich noch keine einzige Premiere auf die Beine gestellt. Wie wollen Sie denn nun das verlorene Publikum zurück- und neues hinzugewinnen? Hoffmann: Ich setze auf das eine oder andere größere Projekt, mit dem ich Zuschauer anziehen kann. Gleichzeitig will ich die Ruhrfestspiele auch zu einem Zentrum des modernen Theaters machen. Es darf nach Castorf unter keinen Umständen einen Rückfall in die Provinzialität geben. Das kann man von mir nicht erwarten. Ich will neue Stücke und neue Autoren nach Recklinghausen holen, ich will modernes und zeitgenössisches Theater bieten. Und ich werde die Türen des Hauses immer weit offen halten, um das Publikum hineinzulocken. Hinterlassen Sie einen ersten Fingerabdruck in Gestalt eines französisch-luxemburgischen Schwerpunkts? Hoffmann: Es wird ein internationaler Schwerpunkt sein. Die ersten Kontake sind geknüpft, aber ich kann noch nicht sagen, in welche Richtung wir gehen. Der langjährige Festivalleiter Hansgünter Heyme hat Loblieder auf das burschikose Ruhrgebiets-Publikum gesungen. Haben Sie eine Antenne zu dieser doch sehr speziellen Mentalität? Hoffmann:Die Menschen dort erinnern mich stark an jene im Süden unseres Landes, in Differdingen und Dudelingen. Es sind Leute, die das Herz auf der Zunge tragen und für die Stadt-Luxemburger manchmal ziemlich direkt und schroff sind. Ich habe schon immer einen Hang zu solchen Menschen gehabt. Und an Recklinghausen fasziniert mich, dass es während zwei Monate ein lebendiger, bunter Festspielort wird. Ich freue mich darauf, meinen Teil dazu beitragen zu können. Ich bin davon überzeugt, dass die Recklinghäuser ihr Theater lieben und es auch wollen. Wobei man die Erwartungen nicht nur erfüllen muss, sondern immer noch übertreffen sollte. * Die Fragen stellte unser Redakteur Rainer Nolden.

Ein Franzose hat drei Jahre lang die Ruhrtriennale geleitet, ein Luxemburger leitet ab sofort die Ruhrfestspiele. Wird das Revier vom ehemaligen Erbfeind 85 Jahre später kulturell erobert?Hoffmann: Das ist nicht Ihr Ernst - den Erbfeind gibt‘s doch nicht mehr! Es gibt nur noch die Länder, die man manchmal das Kerneuropa nennt. Und dazu habe ich Luxemburg immer hinzugerechnet. Sie arbeiten also weiterhin in der Großregion Heimat? Hoffmann: Auf jeden Fall. Ich werde das TNL nicht verlassen. Ich denke, dass die Ruhrfestspiele davon auch profitieren können- zum Beispiel bei den Vorbereitungen der Produktionen, für die es in Recklinghausen weniger gute Möglichkeiten gibt. Das heißt, Sie werden die bereits bestehende Kooperation zwischen Luxemburg und Recklinghausen noch intensivieren? Hoffmann: Ja, aber weniger in der Zahl der Aufführungen, sondern was die gemeinsame Theaterarbeit angeht. Ich bin nicht so vermessen zu sagen, dass Recklinghausen ein Satellit des TNL wird. Das wäre allein angesichts des Alters beider Institutionen - die Ruhrfestspiele wurden 1947 gegründet, das TNL 1997 - ziemlich anmaßend. Sie sind der erste ausländische Festspielleiter des ältesten deutschen Theaterfestivals. Eine Ehre oder eine Belastung? Hoffmann: Je nach Stimmung. Eine Ehre ist es immer - und eine Belastung bestimmt manchmal. Auf jeden Fall aber eine Herausforderung. Und Herausforderungen habe ich noch nie widerstehen können. Eine Belastung sind sicherlich auch die 700 000 Euro Verlust und die 28 000 Besucher, die der im Streit geschiedene Ruhrfestspiel-Leiter Frank Castorf gemacht beziehungsweise verschreckt hat. Wie kriegen Sie die zurück? Hoffmann: Soweit ich weiß, waren es nur 22 000. Auch nicht gerade wenig. Hoffmann: Ich bin guter Dinge, dass ich daran etwas ändern kann. Ob ich das gleich im ersten Jahr schaffe... Ich hoffe, die Recklinghäuser haben ein bisschen Geduld mit mir. Aber ich schwöre, dass ich all meine Kräfte einsetzen werde, um das so gut wie möglich zu machen - so wahr mir Thalia helfe. Fühlen Sie sich denn sehr unter Druck? Hoffmann: Natürlich. Aber Theater macht man immer nur unter Druck. Sonst, glaube ich, hätte ich noch keine einzige Premiere auf die Beine gestellt. Wie wollen Sie denn nun das verlorene Publikum zurück- und neues hinzugewinnen? Hoffmann: Ich setze auf das eine oder andere größere Projekt, mit dem ich Zuschauer anziehen kann. Gleichzeitig will ich die Ruhrfestspiele auch zu einem Zentrum des modernen Theaters machen. Es darf nach Castorf unter keinen Umständen einen Rückfall in die Provinzialität geben. Das kann man von mir nicht erwarten. Ich will neue Stücke und neue Autoren nach Recklinghausen holen, ich will modernes und zeitgenössisches Theater bieten. Und ich werde die Türen des Hauses immer weit offen halten, um das Publikum hineinzulocken. Hinterlassen Sie einen ersten Fingerabdruck in Gestalt eines französisch-luxemburgischen Schwerpunkts? Hoffmann: Es wird ein internationaler Schwerpunkt sein. Die ersten Kontake sind geknüpft, aber ich kann noch nicht sagen, in welche Richtung wir gehen. Der langjährige Festivalleiter Hansgünter Heyme hat Loblieder auf das burschikose Ruhrgebiets-Publikum gesungen. Haben Sie eine Antenne zu dieser doch sehr speziellen Mentalität?Hoffmann:Die Menschen dort erinnern mich stark an jene im Süden unseres Landes, in Differdingen und Dudelingen. Es sind Leute, die das Herz auf der Zunge tragen und für die Stadt-Luxemburger manchmal ziemlich direkt und schroff sind. Ich habe schon immer einen Hang zu solchen Menschen gehabt. Und an Recklinghausen fasziniert mich, dass es während zwei Monate ein lebendiger, bunter Festspielort wird. Ich freue mich darauf, meinen Teil dazu beitragen zu können. Ich bin davon überzeugt, dass die Recklinghäuser ihr Theater lieben und es auch wollen. Wobei man die Erwartungen nicht nur erfüllen muss, sondern immer noch übertreffen sollte.

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