Im Herzen der Finsternis

TRIER. Wenn am Samstag die erste Schauspiel-Premiere der Saison im großen Haus steigt, gibt es ein Wiedersehen mit dem früheren Trierer Schauspiel-Chef Walter Weyers. Der heutige Intendant des Landestheaters Memmingen führt Regie bei Shakespeares "Hamlet".

Begegnet man Walter Weyers dieser Tage in der Trierer Innenstadt, könnte es sein, dass man glatt an ihm vorbeiläuft. Wo einst eine dunkle Föhnfrisur prangte, zieren jetzt kurze blonde Locken den Charakterkopf. Sechs Jahre sind vergangen seit seinem Abschied aus Trier, aber er sieht sechs Jahre jünger aus als in der Zeit, da er dem Trierer Schauspiel zwei künstlerisch glänzende Jahre bescherte. Seinem Regie-Hang zu großen, nur sparsam ausgestatteten, aber imposant wirkenden Räumen ist er treu geblieben. Ein Blick in das Hamlet-Bühnenbild von Heidrun Schmelzer weckt Erinnerungen an seinen grandiosen "König Lear". Nur dass diesmal nicht in unterirdischem Ambiente und knöcheltiefem Wasser gespielt wird, sondern in einem düsteren, ausweglosen kesselartigen Raum, dessen Boden mit Sand bedeckt ist. Das Stück spiele "im Herzen der Finsternis", sagt Weyers und beschreibt die "klaustrophobischen Zustände", denen seine Hauptfiguren ausgesetzt sind. Sackgassen, wohin man schaut - eine "vermurkste Welt", die er da aus Shakespeare herausliest. Irgendwie will das alles nicht so recht passen zu diesem gut gelaunten, stets freundlichen Regisseur mit der unüberhörbar rheinischen Sprachfärbung. "Gute-Laune-Theater" sei das zugegebenermaßen nicht, räumt er lachend ein. Aber das Erleben im Theater könne doch auch durch die "Intimität zwischen Zuschauern und Figuren" und über den "mitempfundenen Schmerz" entstehen. Der guten Laune des Ensembles tut das offenbar keinen Abbruch. Es gebe "wunderbare Proben", erzählt Weyers, trotz der "spürbaren Belastung" durch die anstehenden Personal-Veränderungen gerade im Schauspiel. Sofort nach dem ersten Konzeptionsgespräch sei "ein Team entstanden", das "jede Menge Ideen" in die Produktion einbringt. Die Akteure schätzen den kooperativen Stil

Viele der Akteure haben die Ära des Schauspieldirektors Weyers noch miterlebt, schätzen die ensemblefreundliche Art und den kooperativen Stil. Um Haaresbreite wäre der 51-Jährige als Intendant nach Trier zurückgekehrt, gehörte er doch zur dreiköpfigen End-Auswahl, die sich für den begehrten Job qualifiziert hatte. Warum nichts daraus wurde? Er weiß es auch nicht. Aber die Sache hat ihr Gutes: Er kann seine Arbeit an dem kleinen Ein-Sparten-Haus in Memmingen fortsetzen, die mehr und mehr überregionale Beachtung findet. Das schon lange geplante "no-stalgische Gastspiel" in Trier macht ihm dennoch sichtlich Spaß. Dass ihn Heinz Lukas-Kindermann im letzten Jahr seiner Intendanz noch einmal zurückgeholt hat, wertet er als Bestätigung für die gute Zusammenarbeit mit dem Theaterchef, dem er bescheinigt, in Trier "unglaublich viel bewegt" zu haben. Premiere am 18. Oktober, weitere Vorstellungen: 25. und 31. Oktober; Karten: 0651/718-1818.

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