Im Kraftfeld aus Bewegung und Energie

Luxemburg · Sasha Waltz\' Tanzstück "Continu" ist am Donnerstag im Luxemburger Grand Théâtre gezeigt worden. Etwa 600 Zuschauer feierten die Produktion mit tosendem Beifall.

 Auf der schwarzen Bühne wird jede Bewegung zur Aussage. Foto: Grand Théâtre/Sebastian Bolesch

Auf der schwarzen Bühne wird jede Bewegung zur Aussage. Foto: Grand Théâtre/Sebastian Bolesch

Luxemburg. Am Anfang lässt Sasha Waltz die Puppen tanzen. Zum fulminanten Schlagzeugsolo "Rebonds A" von Iannis Xenakis, vorgetragen von der großartigen Schlagzeugerin Robyn Schulkovsky, drehen und winden sich die Körper, rotten sich zusammen, versuchen zu fliehen und können sich doch nicht der geradezu magischen Macht der Rhythmen entziehen. Mit Bannkraft beginnt der Abend im Luxemburger Grand Théâtre. Man fühlt sich wie bei einem uralten Ritual, zurückgeworfen in voraufklärerische Angst und Finsternis.
Sasha Waltz\' Choreographien sind Gesamtkunstwerke aus Bewegung und Architektur. Die Berliner Künstlerin ist berühmt für ihr Zusammenspiel von Raum und Tanz. Mit ihrem Stück "Continu" setzen Sasha Waltz and Guests" (so nennt sich die Kompanie) die Arbeiten der Choreographin anlässlich der Eröffnung des Neuen Museums Berlin und des Museums für Zeitgenössische Kunst in Rom fort. In "Continu" kehrt Sasha Waltz ihr Raumkonzept allerdings um. Der Raum ist in Luxemburg nicht länger Dialogpartner.
Die abweisende schwarze Bühnenzelle von Thomas Schenk, Pia Meier Schriever und Sasha Waltz wirft die 24 Tänzer in den schlichten Kostümen von Bernd Skodzig auf sich selbst zurück. Tanz ist einzig Energie und Körpersprache - und die ist faszinierend. Das feinste Zittern eines Muskels, das Drehen von Füßen und Fingern, das Senken des Kopfes, die verwundenen Körper: Alles ist ausdruckstarke, beredte Geste. Es geht um existenzielle Befindlichkeiten wie Urangst, Trauer, Chaos, Gewalt, Entfesselung der Elemente. Ihnen stehen Ordnung, Sehnsucht nach Geborgenheit und Liebe gegenüber.
Hoffen auf Trost


Im Kraftfeld der gewaltigen Klänge von Edgar Varèses sinfonischem Werk "Arcana" hat Sasha Waltz Bilder voller Energie und Ausdruckskraft geschaffen, deren archaische Dunkelheit sich im zweiten Teil lichtet. Was ausweglos schien, kann zumindest auf Trost hoffen. Geradezu genial ist dieser zweite Teil stellenweise geraten. Etwas Sakrales bekommt der Bühnenraum mit seinem weißen Boden und der Musik von Claude Vievier. Wie Zeichnungen wirken die Körper darin. Ihre Gliedmaße gleichen Ausrufezeichen und Schmerzensschreien, die Füße hinterlassen Linien wie Blutspuren. Am Ende bedeckt der Boden wie ein weißes Leinentuch Tanz und Tänzer. er

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