"Im Kulturbetrieb Theater schlummern noch Umsatzpotenziale"

Wie geht es weiter mit dem Theater Trier in Zeiten klammer öffentlicher Kassen? Die Diskussion läuft. Der TV hat zehn Gastautoren gebeten, ihre Ideen und Vorschläge zur Zukunft des Hauses zu notieren. Heute: Hiltrud Zock.

 Hiltrud Zock.TV-Foto: Archiv

Hiltrud Zock.TV-Foto: Archiv

T heater ist weit mehr als das, was auf der Bühne passiert. Theater ist eine Kultursäule unserer Gesellschaft. So viel generationsübergreifendes Engagement ist nur möglich, weil festangestellte Ensemble- und Orchestermitglieder sich in Schul-, Jugend-, Seniorenprojekte einbringen. Sie bereichern das künstlerische und soziokulturelle Angebot unserer Stadt. Also "Ja" zum Dreispartentheater - weil es mehr wert ist und mehr Werte schafft.
Zielführende Visionen schaffen Allianzen. Wenn ein modernes Einkaufszentrum entwickelt werden soll (bitte verantwortungsvoll!), dann weg mit den beiden maroden Spielstätten Europahalle und Theater und stadtplanerisch sinnvoll einen Westflügel für Kultur mit konzipieren. Das neue integrierte Theater sollte multifunktionale, kongresstaugliche Möglichkeiten bieten, damit wir Trier besser als Kongressstadt positionieren können. Triers kulturhistorischer Charme und die Kostenstruktur sind bundesweit absolut konkurrenzfähig.
Das Theater sollte raus aus der "Bittsteller-Haltung", sich ein Profil erarbeiten als Partner für unternehmerische Gesellschaftsverantwortung, Corporate Social Responsibility. Durch integrative Marketingkonzepte entstehen dabei positive Synergien für beide Partner - auf Augenhöhe.
Ein Beispiel: Landrover sponsert den "Freischütz", das neueste Modell wird im Foyer ausgestellt, die Kartenrückseite ist ein Gutschein zur Probefahrt, das Autohaus wirbt mit einem Shuttleservice, eingebettet in ein Gewinnspiel, nach jedem Werkstattbesuch findet der Kunde einen Theatergutschein. So entstehen Mehrwerte für Unternehmen und Theater gleichermaßen: werbewirksame Zielgruppenansprache, Verkaufsförderung, Imagegewinn.
Kreative Cross-Marketing-Konzepte müssen her, die man nicht nebenbei erarbeiten und überzeugend verkaufen kann. Dazu sollte Marketing-Kompetenz erfolgsbasiert angestellt oder eingekauft werden. Jede Spielzeit hat Potenzial für Sponsoreinnahmen von mindestens 100 000 Euro.

Im "Kulturbetrieb" Theater schlummern noch Umsatzpotenziale. Einnahmen gilt es zu steigern durch marktgerechte Ansprache. Verkaufsförderung setzt beim Komfort der Kunden an. Bustransfers aus der Region ersparen Nachtfahrten, und die passende Musik gibt\'s zur Einstimmung gleich mit dazu.
Warum nutzt man nicht Mehrwerte des regionalen Marktführers im Online-Ticketing, der über mehr als 100 komfortable Vorverkaufsstellen im Einzugsgebiet der Region verfügt? Wenn das bei städtischen Ausschreibungsverfahren nicht berücksichtigt werden kann, ist dies ein Grund mehr, die juristische Form des Theaters zu ändern und mehr Flexibilität für ökonomische Betriebsführung zu ermöglichen.
Apropos kreatives Marketing: Unsere Partnerstadt Pula hat auf den Status Welterbestätte für sein römisches Amphitheater bewusst verzichtet zugunsten einer Infrastruktur, die brillante Opern und Konzerte ermöglicht.
Nächster Autor:
Hermann Lewen
Extra

Hiltrud Zock ist seit Ende 2010 Vorsitzende der Gesellschaft der Freunde des Trierer Theaters und aktiv bei der Trierer Kulturstiftung. Das Engagement der studierten Soziologin gehört außerdem dem Verein "Nestwärme". Hauptberuflich ist die 50-Jährige Inhaberin und Geschäftsführerin des Marketing-Unternehmens Agenturhaus. DiL

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