Im Schatten der Fusion

Luxemburg · Das Programm wirkt auf den ersten Blick völlig normal. Und doch hat sich in der Perspektive des Luxemburger Orchestre Philharmonique Entscheidendes geändert. Mitte 2012, zum Ende der kommenden Spielzeit, steht die Fusion mit der Philharmonie an.

Gemessen am Anlass war die Wortwahl ungewöhnlich. Luxemburgs Kulturministerin Octavie Modert spricht im Vorwort zum Saisonprogramm 2011/2012 des Orchestre Philharmonique du Luxembourg (OPL) von einer "Übergangssaison" und ermahnt die Musiker, "in den künstlerischen Fortschritt des Orchesters zu investieren".

Vieles ist zu verhandeln



Und Stefan Rosu, seit Kurzem Verwaltungsdirektor des Orchesters, bemüht das Bild vom "Wind der Veränderung" und erklärt offen: "In der Saison 2011-2012 präsentiert sich das OPL also möglicherweise ein letztes Mal so, wie Sie es aus den letzten Jahren kennen. Mitte 2012 steht die ministeriell angeordnete Fusion der Orchester-Organisation mit der künstlerischen Verwaltung der Philharmonie an."

Zu Details des Fusionsvorgangs mochten sich die Verantwortlichen trotz einiger Nachfragen in der Spielplan-Pressekonferenz allerdings nicht äußern. Rosu zog sich auf die summarische Feststellung zurück, es gebe viele Einzelheiten zu verhandeln. OPL-Präsident Jean Hoss gab dazu die unbestimmt forsche Parole aus: "Die Marschrichtung stimmt".

Verständlich, dass sich der Klangkörper in dieser Situation mit weitreichenden Veränderungen und langfristigen Dispositionen zurückhält. Man biete große Musik, aber keine großen Überraschungen, erklärte Orchester-Direktor Olivier Frank. Das Saisonprogramm kommt ohne große Events aus, sogar die Auslandsreisen wurden aus Kostengründen reduziert. 11,5 Millionen Euro, rund eine Million Euro weniger als bisher, zahlt der Staat künftig für sein Orchester, eine halbe Million kommt von der Stadt Luxemburg.

Es ist die unspektakuläre Qualität von Programm und Interpreten, die Lust macht aufs Zuhören. Jiri Belohlavek, der schon lange im Musikleben einen hervorragenden Ruf genießt, ohne in die Spitzengruppe der Stardirigenten vorzustoßen, leitet das OPL zur Saison-Eröffnung mit Martinu, Schumann und Dvorak (22./23. September). Der Oboist, Dirigent und Komponist Heinz Holliger dirigiert Schumann und eigene Werke - Solist ist übrigens Geiger Thomas Zehetmair (9./10. Februar 2012). Jung-Stargeigerin Julia Fischer, Cellistin Marie-Elisabeth Hecker und Martin Helmchen am Klavier widmen sich Beethovens unterschätztem Tripelkonzert (15./16. Dezember). Und unter Stefan Blunier, der in den1990er Jahren beinahe GMD in Trier geworden wäre, spielt Daniel Müller-Schott Haydns C-Dur-Cellokonzert.

Eine Veranstaltungsreihe hat das Potenzial zum Geheimtipp. Robert Levin - Cembalist, Pianist und Musikwissenschaftler und ideenreicher Mozart-Bearbeiter - spielt Beethovens Klavierkonzerte Nr. 3, 4 und 5 auf einem historischen Hammerflügel und dem modernen Steinway (16./20./21. April). Begleitet wird er vom Orchester "La Chambre Philharmonique" (historisch) und dem OPL (modern), beide mit OPL-Chef Emmanuel Krivine am Pult.

Und selbstverständlich erläutert der eloquente Harvard-Professor im Erwachsenenbildungsprogramm "Dating spezial" auch Vorzüge und Probleme von Instrument und Interpretationspraxis (19. April). Für die wachsende Zahl deutscher Besucher steht für Levins Konzerte und die beiden Abo-Zyklen der Bus-Shuttle von St. Matthias in Trier zur Philharmonie bereit - allerdings nicht für die "Dating"-Veranstaltungen.

www.opl.lu. Konzertkarten und Abonnements sind künftig nur noch erhältlich über die Philharmonie (00352) 2632 2632, www.philharmonie.lu

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