Im Sog der nächtlichen Metropolen

Trier · Die Nacht, die Stadt und ihre Geschichten: Eine Sonderausstellung im Trierer Stadtmuseum Simeonstift zeigt neu angekaufte Arbeiten der in Leiwen aufgewachsenen und international erfolgreichen Fotografin Rut Blees Luxemburg.

 Rut Blees Luxemburg beim Hängen ihrer Arbeit „Black Sunrise” aus dem Jahr 2010. Die Fotografie zeigt die Stahlkonstruktion „Uni sphere“, die 1964 zur Weltausstellung in New York geschaffen wurde. Die Rohrleitungen im Vordergrund wirken wie eine Schlange, die sich fast bedrohlich auf den Globus zubewegt. TV-Foto: Friedemann Vetter

Rut Blees Luxemburg beim Hängen ihrer Arbeit „Black Sunrise” aus dem Jahr 2010. Die Fotografie zeigt die Stahlkonstruktion „Uni sphere“, die 1964 zur Weltausstellung in New York geschaffen wurde. Die Rohrleitungen im Vordergrund wirken wie eine Schlange, die sich fast bedrohlich auf den Globus zubewegt. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Die Fotografien von Rut Blees Luxemburg brauchen Zeit. Meist mehr als zehn Minuten benötigt die Großformatkamera der Künstlerin, um die nächtlichen Lichtquellen einer Großstadt wie London oder New York aufzusaugen und das sorgfältig gewählte Motiv mit all seinen Schatten, Winkeln und Geheimnissen einzufangen. Die offenbaren sich erst dann, wenn man den Fotografien wiederum Zeit beim Betrachten widmet, um die Details wahrzunehmen, die Spuren zu verfolgen und die Geschichten hinter der Oberfläche zu entdecken.
15 Arbeiten von Rut Blees Luxemburg, die seit 1990 in London lebt, hat das Stadtmuseum Simeonstift erworben. Ermöglicht wurde der Kauf durch die "museale"-Reihe der Sparda-Bank (siehe Extra). Bis zum 17. Februar sind die Fotografien der Trägerin des Ramboux-Preises der Stadt Trier, die auf einem Weingut in Leiwen an der Mosel aufgewachsen ist, in der Ausstellung "Lustgarten" zu sehen. Der Titel lädt zum Lustwandeln ein, zum genussvollen Gehen, aber vor allem auch zum bewussten Verweilen.
Die meisten Bilder sind Nachtaufnahmen von menschenleeren, urbanen Orten. Meist solche, die am Tag unbeachtet bleiben, die übersehen werden oder als nicht sehenswert gelten. Zivilisatorische Nebenschauplätze, die als ästhetisch nutzlos gelten.
Schwindelerregende Perspektive


Wie etwa der Parkplatz in einem Bild von 1995. Es hängt am Kopfende des Ausstellungsraums, fällt direkt ins Auge. Fotografiert wurde der Platz aus dem 16. Stock, die Kamera zum Boden gerichtet. Die ungewöhnliche Perspektive, auf die auch der Titel "Vertiginous Exhilaration" (übersetzt etwa "schwindelerregendes Hochgefühl/Rausch") verweist, zieht in die Szene hinein. Auch hier hat sie mehr als zehn Minuten belichtet. Zeit genug für ein durch das Motiv fahrendes Auto, Lichtspuren zu hinterlassen.
Trotz seiner Abwesenheit ist der Mensch in den Arbeiten stets präsent. Leuchtende Fenster. Gebäude, die er geschaffen hat. Die Vertiefungen in den Sitzkissen des Chorgestühls der Wallfahrtskirche in der Eifelgemeinde Klausen - als wäre dort gerade erst jemand aufgestanden. Der Titel dieser Arbeit, die durch ihr kleineres Format sehr intim wirkt, lautet "Die Macht der Musik". Wie bei allen Werken eröffnet der poetische Name eine weitere Lesart.
Die Werke der Ausstellung stammen aus verschiedenen Arbeitsphasen der Künstlerin. Bilder aus frühen Serien sind ebenso dabei wie "Black Sunrise", aufgenommen 2010 in New York. Veränderungen etwa bei der Motivwahl, neue und wiederkehrende Elemente lassen sich so ablesen.
Rut Blees Luxemburg, die zur Vernissage nach Trier gekommen ist, freut sich, dass einige ihrer Arbeiten nun im Simeonstift zu Hause sind, in dem seit 1999 bereits aktuelle Trierer Stadtansichten der Künstlerin Teil der Dauerausstellung sind: "Das ist wunderbar! Sie werden gut versorgt sein." Am Sonntag, 23. September, ist die Fotografin ab 11.30 Uhr zu einem Künstlergespräch im Museum.
Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags, 10 bis 17 Uhr. Die Ausstellung geht bis zum 17. Februar.
Extra

200 000 Euro hat die Stiftung Kunst, Kultur und Soziales der Sparda-Bank Südwest eG im Rahmen der "museale 12" dem Stadtmuseum Simeonstift zur Verfügung gestellt. Mit 100 000 Euro wurde der Kauf von 15 Fotografien von Rut Blees Luxemburg für die Sammlung sowie Ausstellung und Katalog finanziert. Zudem werden von Oktober bis Februar zweimal im Monat kostenlose Familienführungen durch die Ausstellung angeboten. Eintrittskarten gibt es in den Sparda-Bank-Filialen in Trier, Wittlich und Bitburg. Die andere Hälfte der Spende investiert das Museum in die wissenschaftliche Aufarbeitung und Restaurierung der historischen Möbelsammlung. Die Ergebnisse werden im Jahr 2014 in einer Sonderausstellung gezeigt. Die "museale" gibt es bereits seit 2003. Sie ist eine Kooperation der Sparda-Bank-Stiftung mit sechs Kunstmuseen in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Jährlich werden einem Museum 200 000 Euro zur Verfügung gestellt. arn

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