Immer für eine Überraschung gut

Trier · Eine Institution des Trierer Musiklebens feiert Geburtstag: Der Friedrich-Spee-Chor wurde im Jahr 1964 gegründet - und hat seither die Szene nachhaltig geprägt. Der innovationsfreudigste unter den großen Trierer Chören hat auch im nächsten halben Jahrhundert einiges vor.

 Erfolgreiche Kooperation: Verdis „Requiem“, im Herbst 2013 vorgetragen von 100 Trierer Sängern gemeinsam mit den Philharmonikern des Stadttheaters, setzt einen Glanzpunkt in der 50-jährigen Geschichte des Friedrich-Spee-Chors. Im Bild: Die Solistinnen Ursula Thies und Marion Eckstein sowie Dirigent Sebastian Glas (von links). TV-Foto: Archiv/Rolf Lorig

Erfolgreiche Kooperation: Verdis „Requiem“, im Herbst 2013 vorgetragen von 100 Trierer Sängern gemeinsam mit den Philharmonikern des Stadttheaters, setzt einen Glanzpunkt in der 50-jährigen Geschichte des Friedrich-Spee-Chors. Im Bild: Die Solistinnen Ursula Thies und Marion Eckstein sowie Dirigent Sebastian Glas (von links). TV-Foto: Archiv/Rolf Lorig

Trier. Von wegen Krise des Chorgesangs. Während landauf, landab Chöre um ihre Existenz kämpfen, strahlt Suse Bauschmid, die Vorsitzende des Spee-Chors, Optimismus aus. "Es geht uns gut", sagt sie. 80 aktive Sänger, ein prallvolles Programm, jede Menge Lobeshymnen von Publikum und Kritik: "Da quengelt man nicht." Zumal, wenn man Zulauf auch bei jüngeren Mitgliedern verzeichnen kann.
Programmlich absolvieren die Spee-Sänger einen bemerkenswerten Spagat. Das Jubiläumsjahr startete mit einem anspruchsvollen A-Capella-Kirchenkonzert am Karfreitag, dann schloss sich bei der "Nacht der Chöre" im Mai eine Auswahl zeitgenössischer Komponisten an. Beim Festkonzert am 20. Juli wird\'s klassisch-oratorisch mit Mendelssohn und Dvorak. Es folgen eine Jazz-Chorwerkstatt im Oktober und das traditionelle, höchst beliebte Weihnachtssingen im Dezember.
Gute Mischung zum Mitmachen


Kirchliches und Profanes, Klassisches und Modernes, reine Chorliteratur und großes Orchesterkonzert, Hoch-Spezielles und Mitmach-Musik: Diese einmalige Mischung hat mit der Historie des Friedrich-Spee-Chors zu tun - und mit den Künstlern, die ihn über Jahrzehnte prägten.
Da war der Gründer Karl Berg, der in der Anfangsphase vorrangig das Bach-Repertoire bediente, aber auch die Tradition des offenen Singens in Trier begründete und das "Podium der Jugend" für den Nachwuchs eröffnete. Er arbeitete intensiv mit dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg (OPL) und seinem Chefdirigenten Leopold Hager zusammen, und er etablierte mit den Festlichen Musiktagen einen Vorläufer des Mosel Musikfestivals.
Auf Berg folgte nach fast drei Jahrzehnten ein umtriebiger junger Mann namens Martin Folz. Einer, der vor Ideen sprühte und seiner Zeit voraus war - manchmal auch seinen Sängern. Der Chor nahm CDs mit Kompositionen von Folz auf, entwickelte ein spektakuläres Chor-Open-Air im Innenhof von St. Matthias, wirkte bei den Antikenfestpielen mit.
Als Folz 2008 nach 15 erfolgreichen Jahren ging, kam mit Thomas Hofereiter der erste Chorleiter von auswärts. Eine schwierige Konstellation: Weil der Spee-Chor einen hauptamtlichen Dirigenten nicht finanzieren kann, musste man darauf hoffen, dass der neue Chef einen Job in der Region finden würde. Das klappte nicht wie gewünscht, und so folgte schon 2010 Sebastian Glas, studierter Chorleiter und Musiklehrer in Wittlich.
Ein Glücksfall, wie rückblickend alle Beteiligten sagen. Glas gelang es rasch, eine Art Quintessenz aus den Stärken seiner Vorgänger zu ziehen. Tradition und Neuentdeckungen fanden angemessen Platz im Programm des Spee-Chors, der Kreis der Aktiven wurde behutsam verjüngt. Mit Verdis "Requiem" entstand ein Glanzlicht in Zusammenarbeit mit den städtischen Philharmonikern. Die Kooperation mit dem Profi-Orchester und seinem Leiter Victor Puhl sei eine "ganz wichtige Brücke im Musikleben der Stadt", betonen Glas und Bauschmid unisono.
Schade, dass mit Sebastian Glas künftig ein Pfeiler dieser Brücke fehlen wird. Familiäre und berufliche Gründe ziehen den Dirigenten zurück nach Regensburg. Dennoch hat er das Jubiläumsjahr akribisch geplant, will dem Chor noch "möglichst viele Impulse bringen", wie er betont. Derweil läuft die Suche nach einem Nachfolger auf Hochtouren.
Dabei wird der Spee-Chor auf Glück angewiesen sein, wenn er den Höhenflug der vergangenen Jahre fortsetzen will. Drei große Konzerte pro Jahr: Das braucht langen Atem, einen begeisterungsfähigen Chef am Pult - und letztlich auch Geld. Denn trotz der Beiträge, die die Mitglieder zahlen (sie decken die laufenden Kosten), sind die Konzerte als solche keineswegs kostendeckend. Notenmaterial, Gäste, Orchester, Raummieten: Das will finanziert sein. Andererseits sollen die Eintrittspreise zivil bleiben. Ohne Spender und Sponsoren ist das nicht zu bewerkstelligen.
Jubiläumskonzert am Sonntag, 20. Juli, 11 Uhr, in St. Maximin mit dem Philharmonischen Orchester Trier. Programm: Te Deum von Dvorak und Lobgesang von Mendelssohn-Bartholdy. Karten im TV-Service-Center Trier und an der Tageskasse. Info: www.speechor.de

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