Immer wenn es dunkel wird

Trier · Auch die Dozenten der Europäischen Kunstakademie Trier (EKA) träumen, wenn es dunkel wird. Vielfältige "Nachtgeschichten" von knapp 30 Lehrenden zeigt jetzt die Jahresausstellung der Akademie.

 Für seine „Nachtschicht“ hat Bodo Korsig riesige Kondom-Lampen an die Decke gehängt. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Für seine „Nachtschicht“ hat Bodo Korsig riesige Kondom-Lampen an die Decke gehängt. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Trier. Die Nacht bringt Ungeheuer und drückende Alpträume hervor. Aus dem Dunkel der Seele kramt sie heraus, was bei Tag der wache Geist unter Verschluss hält. Die Nacht ist aber auch die Zeit der süßen Träume, der Liebenden und Nachtschwärmer. Kein Wunder, dass die Nacht seit jeher Künstler inspiriert hat und sie zu den beliebtesten Themen aller Kunstgattungen gehört.
Auch die Dozenten der EKA haben sich anlässlich ihrer Jahresausstellung "Nachtgeschichten" ausgedacht - mal mit mehr, mal mit weniger Überzeugungskraft und Bildmächtigkeit. Was sie - um es frei nach Othello zu sagen - zur Nacht gebetet haben, ist derzeit in der Kunsthalle der Akademie als Gemälde, Grafik, Objektkunst und Plastik zu betrachten. Dass die Nacht nicht allein zum Schlafen da ist, stellt Bodo Korsig gewohnt direkt und holzschnittartig klar. Um seine "Nachtschicht" zu erleuchten (zutreffender wäre "zu sichern") hat der Künstler sieben riesige Silikon-Kondome als Nachtlampen an die Decke gehängt. Sein Neon-Aufruf "es leben die verrückten" wird allerdings im Plexiglasgehäuse auch nicht dringlicher, höchstens eleganter. Arg rosarot kommen die Nachtgeschichten von Franziskus Wendels daher. Daneben vervielfältigen sich Britta Deutschs Kühe als trügerische Nachtschatten. Die eindringlichste Arbeit dieser Schau ist Matthias Skroths namenlose Skulptur. Nächtlich vergraut und einsam steht sie auf ihrem Sockel, ein zutiefst anrührendes Bild menschlicher Schutzlosigkeit. Poetisch und voller Farbklänge erinnern Gottfried Heinz\' Computergrafiken an fernöstliche Farbholzschnitte. Bedrückend aber stimmungsvoll ist Edith Oellers gemalte Souterrain-Gesellschaft. Als wäre es ein schwerer Traum (vielleicht nach einem allzu fettigen Hamburger), verbindet Dieter Krüll Gespenstisches, Skurriles und Comics fantasievoll und vielfarbig in seinen Computerzeichnungen "Lucy", die im Burger King des Trierer Hauptbahnhofs entstanden sind.
Allerliebster Teddybär


Birgit Lord thematisiert das Hell-Dunkel der Traumwelt in einem feinsinnigen abstrakten Aquarell. Sebastian Böhms "Odilon" lässt einmal mehr die intensive Auseinandersetzung des Malers mit der Farbe erkennen. Ausgeburten nächtlicher Träume scheinen Matthias Lanfers Plastiken, deren Mix aus Kunststoff und Stahl formal nicht immer gelungen erscheint. Allerliebst: Christian Zsagars kleiner Teddybär, der sich hoch oben auf dem Horizont - als wäre es eine Turnstange - fröhlich davonträumt. Wie gesagt: "Hast du zur Nacht gebetet", fragt Othello Desdemona. Die Dozenten der Kunstakademie haben es getan.
Die Ausstellung ist noch bis 29. August zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, jeweils 11 bis 17 Uhr. Kontakt: Telefon: 0651/998460, www.eka-trier.de

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