In Bier und Bogen

TRIER. Das Premierenpublikum applaudierte stehend für Jürgen Lorenzens "Kontrabass"-Inszenierung mit Michael Ophelders. Dieser Monolog nach Patrick Süskind ist ein Glücksgriff für das Theater Trier.

Was kommt dabei heraus, wenn ein Musiker seinem Instrument in inniger Hassliebe verbunden ist? Patrick Süßkind erzählt in "Der Kontrabass" von der uralten Kadenz des Orchesterspielers - zwischen Hingabe und Abscheu gegenüber der eigenen Existenz. Nicht ohne Humor und Komik, aber auch doppelbödig, das Malheur des Musikers tragikomisch darstellend. Jürgen Lorenzen hat den "Kontrabass" in der vergangenen Spielzeit bereits an der Landesbühne Hannover unter Gerhard Weber inszeniert und damit nun, als abschließende Premiere gegen Mitternacht, das Theaterfest in Trier beendet: ein heiterer Ausgang eines langen Theatertages. Süskinds reichert Lorenzen mit Slapstick an. Er lässt den Musiker auf der Bühne zum Kühlschrank schlappen, den dieser voll Bierflaschen räumt, um sie genüsslich zu vertilgen. Dabei plaudert er. Er verehrt seinen Bass und verteufelt ihn. Er schimpft auf Wagner, lobhudelt Schubert, gesteht seine Schwärmerei zur jungen Sopranistin und trinkt noch ein Bier. Die wenigen Requisiten belegen quasi seine Seelenzustände: Blumen dorren vor sich hin, während Frack und blütenweißes Hemd akkurat am Garderobenständer baumeln. Eine Bombenrolle für den tollen, neu ins Trierer Ensemble gekommenen Schauspieler Michael Ophelders. Mit aufgebauschten Haaren, ein bisserl verrückt, ein wenig fanatisch, verloren in der Welt, ein Staatsorchestermitglied, verleiht er Süskinds Selbstgespräch vor allem eines: Augenzwinkern! Wenn er seine Begabung darin sieht, "jeden Fliegenschiss vom Blatt" sägen zu können, oder sich künstlich über den "Wahnsinn" der Preise in der Instrumentenbranche echauffiert. Wenn er erst zärtlich Kolophonium über den Rosshaarbogen streicht und dann cholerisch am liebsten den Bass "zerschmeißen" möchte. Ophelders macht aus dem Musiker keinen Hampelmann, sondern einen motzenden und sympathischen intellektuellen Kauz mit Format, Leidenschaft und einem Alkoholproblem. Diese Inszenierung wird künftig im Studio des Theaters gezeigt und hat zweifellos das Zeug zur Zugnummer. Nächste Vorstellung am 29. Oktober. Karten: 0651/718-1818.

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