In die Jahre gekommen

Luxemburg · Schlagzeuger Ginger Baker, berühmt vor allem durch seine Zeit bei Cream und Blind Faith, ist mit 75 Jahren noch einmal auf Tour gegangen. Mit seinem Quartett Ginger Bakers Jazz Confusion spielte er vor rund 200 Zuschauern im Luxemburger Club Den Atelier. Das kam gut an, hinterließ aber auch gemischte Gefühle.

 Ein Schlagzeuger, der Musikgeschichte geschrieben hat: Im Luxemburger Atelier überzeugt der 75-jährige Ginger Baker nicht alle Zuhörer restlos. TV-Foto: Anke Emmerling

Ein Schlagzeuger, der Musikgeschichte geschrieben hat: Im Luxemburger Atelier überzeugt der 75-jährige Ginger Baker nicht alle Zuhörer restlos. TV-Foto: Anke Emmerling

"Ich werde zu alt, aber ich tue mein Bestes hier", sagt Ginger Baker während seines Konzerts im Luxemburger Club Den Atelier. Dass diese Äußerung zu verstehen ist, ist eher ein Glücksfall. Der 75-Jährige hat große Probleme zu sprechen, artikuliert sich schwer schnaufend und nuschelnd - ein Leben voller Exzesse hat tiefe Spuren hinterlassen.

Auch die Kondition hat gelitten. Nur gestützt kann Baker die Bühne erklimmen und verlassen, mehr als 70 Minuten Konzert sind auch nicht mehr drin. Doch über die versucht er wirklich, sein Bestes zu geben. Als er am Schlagzeug sitzt, ist es, als lege sich ein Schalter um und bringe eine Maschine in Gang. Noch immer äußert sich sein zum Brachialen neigendes Temperament, wenn auch nicht mehr so ausgeprägt wie in jungen Jahren.

Dennoch ist sein Spiel seltsam statisch und variationsarm, so als ob nur noch in Fleisch und Blut übergegangene Grundmuster abgespult würden. Das Programm, das er mit Pee Wee Ellis am Tenorsaxofon, Alec Dankworth an Kontra- und E-Bass sowie Abbas Dodoo an der afrikanischen Percussion auflegt, reicht von Wayne Shorters "Footprints" über Sonny Rollins "St. Thomas" bis hin zu Eigenkompositionen wie "Gingers Blues" und "Ginger Spice". Gemeinsam ist allen Stücken die markante, sehr stark afrikanisch geprägte Rhythmik, die vielen im Publikum ins Bein fährt.

Baker hatte sich bereits in den frühen 1970ern der afrikanischen Musik zugewandt. Er lebt in Nigeria und hat dort auch seinen Begleiter Abbas Dodoo entdeckt. Der setzt auf Bongos oft einen schönen warmen Kontrast zum kalt-metallischen Schlagzeug und fördert damit den Eindruck tranceartiger Trommelmusik. Zuweilen übertreibt er aber auch mit Lautstärke und zusätzlichen Percussionseffekten. Das wirkt besonders in jazzigeren Titeln störend und drängt Bakers Spiel etwas an die Wand.

Auch Pee Wee Ellis überzeugt mit zwar virtuosen, aber blutleeren Einsätzen nicht restlos. Herausragend dagegen ist Bassist Alec Dankworth. Der Abend wirft Fragen auf: Wäre diese Musik etwas Besonderes, würde sie ebenso gut ankommen, wenn nicht Ginger Bakers legendärer Name darüber stünde? Und hielte sich ein Mythos nicht besser, wenn man sich beizeiten von der Livebühne verabschieden würde?

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