In dieser Fabrik kann jeder mitmachen: Tufa-Jazzoper "Blue Sheets" vereint Profis und freie Szene

Trier · 30 Jahre nach ihrer Gründung hat die Trierer Tuchfabrik mit "Blue Sheets" ein Projekt geschaffen, dass professionelle Künstler, Laien und freie Szene in vorbildlicherweise vernetzt. 150 Akteure arbeiten seit einem Jahr an der Jazzoper und fiebern der Premiere am 7. November im Walzwerk entgegen.

Vor fast genau 30 Jahren, am 7. November 1985, ging die Trierer Tuchfabrik als soziokulturelles Kommunikationszentrum an den Start. Sie war ein Experiment, ein Provisorium, das seine Form und Aufgabe erst finden musste. Inzwischen ist die Tufa im kulturellen Leben der Stadt fest etabliert. "Ein wenig provisorisch ist es aber heute noch", scherzt Tufa-Geschäftsführerin Teneka Beckers, während sie der Presse im Trierer Walzwerk das wohl größte Projekt des Jubiläumsjahrs vorstellt. Die Tufa-Chefin spielt auf das laute Scheppern an, das ihren Redefluss alle paar Minuten unterbricht. Nebenan wird gerade die Bühne des Theatermusicals "Sweeney Todd" abgebaut, um Platz zu machen für "Blue Sheets".Mutig einem Traum gefolgt


Die Jazzoper, die am Samstag, 7. November, 19.30 Uhr, im Walzwerk uraufgeführt wird, ist ein Mammutprojekt mit mehr als 150 Akteuren (siehe Extra), das sich die Tufa sozusagen selbst zum Geburtstag schenkt (der TV berichtete am 28. Oktober). Profis und Amateure erzählen gemeinsam von den dramatischen Folgen eines tödlichen Unfalls in einer Textilfabrik. Zugleich rückt die Oper den Jazz mit seinen vielfältigen Ausdrucksformen in den Fokus.

Für Klaus Reeh grenzt es fast an ein Wunder, dass dieses Großprojekt innerhalb nur eines Jahres realisiert werden konnte. "Das hat viel mit Mut zu tun", sagt der Tufa-Vorstand. Man habe es gewagt, dem Traum des "Blue Sheets"-Schöpfers Nils Thoma zu folgen und es geschafft, ohne große Überzeugungsarbeit Partner dafür zu finden. Und davon gibt es einige: Das Projekt wird von Bund, Land und Stadt sowie der Sparkasse und der Kulturstiftung Trier gefördert. Hauptsponsor ist das Trierer Unternehmen "Zur Blauen Hand", das bis in die 20er Jahre im Tufa-Gebäude in der Weberbach produziert hat.

Die Jazzoper ist auch die erste Kooperation mit dem neuen Leitungsteam am Theater Trier - und für den Intendanten ein Glücksfall: "Wir haben es auch der Tufa zu verdanken, dass wir diese tolle Location für uns entdeckt haben", schwärmt Karl Sibelius. Eine Zusammenarbeit gibt es zudem mit dem Fachbereich Gestaltung der Hochschule Trier. Studierende haben die Werbekampagne gestaltet. "Solche kulturellen Projekte sind eine tolle Chance, sich gestalterisch auszuprobieren", lobt Professorin Henriette Sauvant. Die Entwürfe werden vor Vorstellungsbeginn in einer Ausstellung gezeigt, die Halle ist deshalb schon ab 18 Uhr geöffnet.

Voll des Lobes für das Tufa-Jubiläumsprojekt ist auch Kulturdezernent Thomas Egger. Das Tufa-Modell entspreche dem neuen Kulturleitbild der Stadt "in idealtypischer Weise" - und dies gelte im Besonderen für "Blue Sheets". Die Zusammenarbeit von 150 Profis und Laien, darunter die inklusive Theatergruppe com.guck, sei ein Musterbeispiel für Teilhabe, Integration und kulturelle Bildung. In Form der Geschichte der Textilindustrie werde zudem ein Stück Stadtgeschichte erlebbar gemacht. Komponist Nils Thoma will den Zuschauern aber auch die Musik näher bringen: "Das Wort Jazz allein löst bei vielen Fluchtgedanken aus", scherzt er. "Mein großer Wunsch ist, Menschen für diese vielseitige Musik zu begeistern, die sonst nie zu Jazzkonzerten gehen."

Regisseur Stefan Bastians lobt besonders den Teamgeist bei Laien und Profis, die sich "wunderbar aufeinander einlassen". Eine Bereicherung sei das Ensemble com.guck: "An deren Authentizität muss ein Profi hart arbeiten."
Von der Kulisse im Walzwerk schwärmen alle Beteiligten. Ob die Hallen langfristig zur Spielstätte für Theater und Tufa werden, zu dieser Frage hält sich Kulturdezernent Egger weiter bedeckt: Er könne sich das Walzwerk als "Ergänzungsbau" zum sanierten Theatergebäude "gut vorstellen". Aber es gebe "auch andere Alternativen", die zurzeit geprüft würden. "Am Ende muss es in die Gesamtfinanzierung passen."Extra

An der Jazzoper "Blue Sheets" sind rund 20 Profis und 130 Musiker, Sänger und Darsteller der freien Szene beteiligt: Nils Thoma (Idee/Komposition), Stefan Bastians (Libretto/Regie), Jürgen Theune (Dirigent), Reveriano Camil (Choreographie), Ulrich Schneider (Bühnenbild/Technik), Stephan Vanecek (Kostüme), Gitte Buddig (englische Texte), Musikverein "Lyra" Tawern, Rhythm & Swing Bigband, Nonett des Jazz-Club Trier, Klangvolk, Jazz- und Pop-Chor Trier, com.guck Theater, Darsteller vom Theater Trier und aus der freien Szene.
Ideenwettbewerb: Bühnenbild und Requisiten sind aus Material des ehemaligen Walzwerks entstanden. Eines der dort entdeckten Objekte soll ab dem 2. November als Symbol für die Jazzoper vor der Tufa stehen. Um dafür einen Namen zu finden, schreibt die Tufa einen Wettbewerb aus. Vorschläge können bis zum 13. November unter info@tufa-trier.de eingereicht werden. Für die besten drei Vorschläge gibt es Freikarten für die Vorstellung am 27. oder 28. November. cweb

Karten für "Blue Sheets" gibt es im TV-Service-Center Trier, unter 0651/7199-996 und auf www.volksfreund.de/tickets

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