In guten Händen

TRIER/LUXEMBURG. Nach Jahren der Abstinenz gastieren bei den Antikenfestspielen 2007 wieder die Luxemburger Philharmoniker im Amphitheater. Mit dem Franzosen Marc Soustrot kommt für "Samson und Dalila" ein Dirigent mit großem internationalen Ansehen.

Es gibt Menschen, die strahlen eine angenehme Art von Souveränität aus. Keine hektische Betriebsamkeit, keine selbstdarstellerische Attitüde, kein autoritäres Gehabe. Vielleicht liegt das bei Marc Soustrot an der lässigen Art, wie er im Interview zwischen Französisch, Englisch und Deutsch hin- und herpendelt. Vielleicht liegt es an der ruhigen Aufmerksamkeit, die er seinem Gesprächspartner widmet. Vielleicht aber auch an dem gekonnten Understatement, mit dem er seine Erfahrungen in die Runde streut: Die "Traviata" in Verona, der "Hoffmann" in Bregenz oder der "Samson" mit Placido Domingo. Man hat das Gefühl, dass die Antikenfestspiele bei ihm in guten Händen sind. Nicht nur, weil er als Franzose die Oper eines Landsmanns dirigiert. "Samson und Dalila" sei gar nicht so französisch, widerspricht er lächelnd, und wenn, dann "durch eine sehr deutsche Brille gesehen". Was Saint-Saens da komponiert habe, sei "fast wagnerianisch".Vor einem halben Jahr als Tourist im Amphitheater

Seine Open-Air-Erfahrungen wird er angesichts der schwierigen Produktionsbedingungen im Amphitheater gut brauchen können. Vor einem halben Jahr hat er sich die antike Stätte angesehen, "als Tourist mit meiner Frau". Das sei "ein toller Ort mit vielen Möglichkeiten für eine spektakuläre Inszenierung". Er hoffe, "dass auch die Akustik mitspielt". Inzwischen hat er sich einen Tag lang mit Regisseur Kurt Josef Schildknecht und Bühnenbildner Francois Valentiny zusammengesetzt, um über das Konzept zu reden. Das Orchester sei in Valentinys Bühnenlandschaft "ideal platziert". Ansonsten hält er sich aus der szenischen Gestaltung eher raus. "Die Philosophie ist eine Sache des Regisseurs", sagt er, nutzt aber die Gelegenheit gern, seine eigene Opern-Philosophie an den Mann zu bringen. Die Inszenierungen seien oft zu verkopft und intellektuell hochtrabend, die einst populäre Kunst der Oper erreiche deshalb "heute höchstens noch ein Prozent der Leute". Wenn man nicht zu "einfachen und durchsichtigen" Produktionen zurückkehre, sei das "auf absehbare Zeit der Tod der Oper". Marc Soustrot sagt das ohne jeden Missionierungseifer. Aber dass er streitbar ist, wenn es um das Gesamtkunstwerk Oper geht, weiß man aus seiner Zeit als Generalmusikdirektor in Bonn. Und nicht nur dort wusste er sehr genau, was er will. Vor ein paar Jahren ging eine Geschichte um die Klassik-Welt, wie er ein Ravel-Konzert in Kopenhagen mitten in einer Radio-Live-Übertragung abbrach und neu beginnen ließ, weil ein Handy dazwischenklingelte. Dass sich daran noch jemand erinnert, amüsiert Soustrot sichtlich. Er sei der Besucherin damals gar nicht böse gewesen, als er gesehen habe, dass sie vor lauter Schreckensstarre nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihr Handy abzuschalten. Aber den Ravel verderben lassen wollte er sich auch nicht. Chorsänger noch händeringend gesucht

Auch die Vorfreude auf Trier lässt er sich nicht verderben. Dass es da leidvolle Geschichten um die Antikenfestspiel-Auftritte der Luxemburger Philharmoniker gibt, weiß er nicht - oder will es nicht wissen. Ist wohl auch besser so. Optimismus schadet nie, auch nicht, wenn es um die Chor-Besetzung geht. 80 bis 100 Sänger, sagt er, müssten es schon sein für die Monumental-Oper. Derzeit kämpft man in Trier händeringend um jeden einzelnen Freiwilligen. Aber noch ist reichlich Zeit bis zur Premiere am 15. Juni. Und mit einem wie Soustrot kann eigentlich nicht viel schief gehen.

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