In Sprüngen durch die Musikgeschichte

Trier · Gegenüber den Trierer Oratorienchören war der Kammerchor "Cantores Trevirenses" schon immer ein Ausnahmefall. Musizieren findet mit anderem Anspruch statt: intimer, persönlicher. Ende April werden die "Cantores" als einziger deutscher Chor am Festival in Loreto teilnehmen.

Trier. Die Akustik im Probensaal des Pfarrheims Herz Jesu ist eng, und der Flügel, an dem Chorleiter Matthias Balzer gelegentlich Akkorde anschlägt oder Passagen mitspielt, könnte durchaus mal den Klavierstimmer gebrauchen. Ideal sind die Probenverhältnisse für die Cantores Trevirenses nicht. Aber wie schwierige Umstände motivieren und eine Art trotziger Leistungsbereitschaft wecken können, so klingt in den beengten Verhältnissen der Chor doppelt engagiert, verläuft die Probenarbeit doppelt konzen triert. Chorsingen ist für die 33 Mitglieder der "Cantores" in erster Linie eine Sache der Musik und erst danach eine der Geselligkeit. Sie wollen als A-cappella-Formation grundlegend anders musizieren als die instrumentalbegleiteten Oratorienchöre, sagen sie. Sie wollen gefordert werden, wollen anspruchsvolle Musik machen und ihre Fähigkeit des Aufeinander-Hörens schulen. Dass die Cantores vom 27. April bis zum 1. Mai beim Chorfestival im italienischen Loreto als einziger deutscher Chor dabei sind, verstehen sie darum nicht nur als Glücksfall, sondern auch als Lohn für jahrzehntelange, kontinuierliche Arbeit. Sechs Mal werden sie in dem Wallfahrtsort bei Ancona allein auftreten, dazu einmal mit den anderen Chören im Gottesdienst. Und sie singen jedes Stück nur einmal.
Barock, Romantik, Gegenwart


Gegründet wurden die Cantores 1966 von Joachim Reidenbach. Nach einem Intermezzo mit Michael Reif leitet seit 1998 Matthias Balzer den Chor. "Ich wollte die Grundlage meiner musikalischen Tätigkeit nicht aufgeben", sagt der Organist und Chorleiter, der als Referent für Kirchenmusik im Bistum überwiegend für Organisation und Ausbildung der Kirchenmusiker zuständig ist. Und außerdem: "In der Chorarbeit steckt für mich auch eine Menge Herzblut."
Und so steht Balzer jeden Montag im bescheidenen Probenraum vor seinen Sängern und arbeitet an einem weit gespannten Repertoire vom gregorianischen Choral über Barock und Romantik bis zur Gegenwart.
Die Sprünge durch die Musikgeschichte sind groß. Dvorak steht auf dem Probenplan, der Finne Jaakko Mäntyjärvi (Jahrgang 1963), Bruckners "Ave Maria", schließlich der "Song of Praise" von Knut Nysted, dessen Taktwechsel einige Konzentration verlangen - von Ausführenden und Dirigent.
Selbstverständlich beherrschen die Cantores das ABC des Chorgesangs. Die Probenarbeit dreht sich derzeit nicht mehr um die Noten, sondern um die künstlerischen Details - den Klang, den Rhythmus, die Sprache, den Ausdruck. Daran feilt Balzer konzentriert und beharrlich.
Eins ist dabei so klar, dass es beim Leiter nur noch in Nebensätzen anklingt: Die "Cantores" sind ein Laienchor. Sein musikalisch-technisches Potenzial ist begrenzt. Aber der Chor profitiert von dem, was im professionellen Musikbetrieb fehlt - von Zeit für die künstlerische Arbeit, von Begeisterung für die musikalische Sache, von Freude am Gesang. Und nicht zuletzt von Freiwilligkeit ohne alle Zwänge und Direktiven.
Cantores Trevirenses: 33 Mitglieder, gegründet 1996 von Joachim Reidenbach; Leiter seit 1998: Matthias Balzer; etwa vier Konzerte pro Jahr. Info und Kontakt: Antonia Lauer, Telefon 0651/827660

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