Individualisten in Uniform

Es gibt Länder, in denen richtig was los ist. Und es gibt…" Künstlerische Pause. Rainald Grebe, der Mann an den Tasten, hält beim Singen inne, reißt die Augen auf: "…das Saarland". Was folgt, sind die einzigen Sekunden eines großen Abends in der ausverkauften Tufa, an denen sich der 39-Jährige vereinzelte Buh-Rufe von Touristen anhören muss.

Eigentlich beginnt "Brandenburg" mit dieser Zeile. Eine Ode an die Ödnis der Provinz. Grebe hätte fraglos auch "Rheinland-Pfalz" singen können. Nur liegt hier kein Berlin in der Mitte. Nur Kirn.

So funktioniert Grebes Humor, sein wunderbar verspielter Wortwitz, der durch das dramaturgische Talent verstärkt wird: Man lacht nicht von vermeintlich oben nach unten über die Zackbummblöden und ewige Klischees. Grebe singt über den gemeinen Bildungsbürger. Freigeist im Kopf, uniformiert im Tun. "Alle sehen gleich aus, so individuell." Berlin-Prenzlberg ist überall. Grebe lockt in der Rolle als Alleinunterhalter-Hure manchen Zuschauer in die Falle. So singen viele die Schnulze "I wanna know what love is" lauthals mit. Weil man glaubt, es mit Ironie rechtfertigen zu können? Weil man über sich selbst lachen kann? So oder so: Das Konzert war ein Glanzlicht des Tufa-Jubiläums - ein Fest für Kopf und Zwerchfell. Andreas Feichtnerjöl

KURZKRITIK: RAINALD GREBE (TRIER, TUFA)

Individualisten in Uniform

Es gibt Länder, in denen richtig was los ist. Und es gibt…" Künstlerische Pause. Rainald Grebe, der Mann an den Tasten, hält beim Singen inne, reißt die Augen auf: "…das Saarland". Was folgt, sind die einzigen Sekunden eines großen Abends in der ausverkauften Tufa, an denen sich der 39-Jährige vereinzelte Buh-Rufe von Touristen anhören muss. Eigentlich beginnt "Brandenburg" mit dieser Zeile. Eine Ode an die Ödnis der Provinz. Grebe hätte fraglos auch "Rheinland-Pfalz" singen können. Nur liegt hier kein Berlin in der Mitte. Nur Kirn. So funktioniert Grebes Humor, sein wunderbar verspielter Wortwitz, der durch das dramaturgische Talent verstärkt wird: Man lacht nicht von vermeintlich oben nach unten über die Zackbummblöden und ewige Klischees. Grebe singt über den gemeinen Bildungsbürger. Freigeist im Kopf, uniformiert im Tun. "Alle sehen gleich aus, so individuell." Berlin-Prenzlberg ist überall. Grebe lockt in der Rolle als Alleinunterhalter-Hure manchen Zuschauer in die Falle. So singen viele die Schnulze "I wanna know what love is" lauthals mit. Weil man glaubt, es mit Ironie rechtfertigen zu können? Weil man über sich selbst lachen kann? So oder so: Das Konzert war ein Glanzlicht des Tufa-Jubiläums - ein Fest für Kopf und Zwerchfell. Andreas Feichtnerjöl

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