Individualität und Humor mal drei

Trier · Ihr Album "Three Seasons" zählte das New Yorker Jazzmagazin New York City Jazz Record zu den besten Veröffentlichungen des Jahres 2014. Nun haben es Jazzpianist Patrick Bebelaar, Schlagzeuger Günter "Baby" Sommer und der französische Tubist Michel Godard in Trier vorgestellt. Ihr Konzert in der Tufa war ein hinreißend kreatives, originelles, und witziges Vergnügen.

Trier. Der kleine Saal der Tufa Trier ist voll besetzt. Jazzfans, Musiker aus der hiesigen Szene, aber auch Familie und Freunde von Patrick Bebelaar sind gespannt auf das neue Heimspiel des aus Trier stammenden Jazzpianisten. Diesmal ist er aus seiner jetzigen Heimat Tübingen mit einem Projekt zurückgekehrt, das bis nach New York Wellen geschlagen hat: "Three Seasons/Drei Jahreszeiten". Der Titel bezieht sich sowohl auf die unterschiedlichen Lebensalter der Akteure als auch darauf, wie sie ihre aus unterschiedlichen Prägungen entwickelten Profile einbringen.
In ihren Stücken übernimmt jeder der Musiker reihum die Federführung, mit je eigenen kompositorischen oder improvisatorischen Vorgaben. Das ist tatsächlich so spannend und abwechslungsreich wie der Übergang und Wechsel von Jahreszeiten. Denn es äußern sich ganz verschiedene Temperamente und Charaktere. Patrick Bebelaar, der mit 44 Jahren Jüngste im Trio, schwelgt gerne. Er liefert romantisch zarte bis opulente und pathetische Piano-Improvisationen, in denen Muster der Klassik, Zitate von Bach oder auch mal leidenschaftlicher Tango aufblitzen.
Der 56-Jährige französische Tuba- und Serpent-Spieler Michel Godard, der aus Alter Musik - speziell der Renaissance - schöpft, bringt eher Getragenes und Melodiöses mit sinnlich-meditativem Charakter ein. Senior Günter "Baby" Sommer, geboren 1943 in Dresden, Freejazzer der ersten Generation und Avantgardist, experimentiert gerne. Er zitiert mit fünf "Materialminiaturen" die dem Minimalismus zugrundeliegende musikphilosophische Idee "Musique dameuble ment" von Eric Satie. Er erzeugt fernasiatische metallische Klangbilder, ergänzt Rhythmen mit indianisch klingendem Lautgesang oder führt sie plötzlich statt mit dem Schlagzeug mit den Stimmbändern weiter. Sein Schalk, mit dem er die beiden anderen neckt und öfter aus der Reserve lockt, sorgt für viel Spaß bei diesem Jazzkonzert. Wenn er die in seinen Händen wirbelnden Schlegel wie Pferde mit "Huiii" oder "Brrrh" zügelt, ein der Renaissance entlehntes "Engelsgebet" Godards mit Flügelschlaggesten illustriert oder gar das letzte Stück damit sabotiert, dass er schon mal sein Schlagzeug abbaut, laufen die Lachtränen.
Der Humor ist allen Triomitgliedern eigen und starkes Bindeglied in ihrer menschlichen wie musikalischen Kommunikation. Auch Bebelaar und Godard liefern so manche Kabinettstückchen, Letzterer ganz besonders im Stück "Aborigines". Hier spielt er einen australischen Ureinwohner, der im Busch eine Tuba findet und auf ihr wie auf einem Didgeridoo zu spielen versucht. Das ist grandios und virtuos wie alles an diesem außergewöhnlich originellen Konzertabend.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort