Geschichte Ein Hort von Schätzen aus dem Mittelalter

Trier · Sehr alt, sehr kostbar und noch viel zu wenig bekannt: Trier besitzt 1300 mittelalterliche Handschriften sowie Tausende alter Urkunden. Um sie leichter zugänglich zu machen und mehr Forschung an ihnen zu ermöglichen, haben Stadt und das Land Rheinland-Pfalz nun das Internationale Zentrum für Handschriftenforschung gegründet.

 Ministerpräsidentin Malu Dreyer bewundert bei der Eröffnung des Zentrums für Handschriftenforschung das „Ada Evangeliar“. Neben ihr: Oberbürgermeister Wolfram Leibe (links) sowie Professor Michael Embach, Direktor der Wissenschaftlichen Bibliothek.  Foto: Anne Heucher

Ministerpräsidentin Malu Dreyer bewundert bei der Eröffnung des Zentrums für Handschriftenforschung das „Ada Evangeliar“. Neben ihr: Oberbürgermeister Wolfram Leibe (links) sowie Professor Michael Embach, Direktor der Wissenschaftlichen Bibliothek. Foto: Anne Heucher

Foto: TV/Anne Heucher

Es ist ein seltener Glücksfall, dass die mittelalterlichen Handschriften der Stadt Trier in großer Zahl vor Ort erhalten geblieben sind. Dazu zählen 1300 Handschriften mit dem berühmten Weltdokumentenerbe „Codex Egberti“, etwa 700 Fragmente aus dem Mittelalter sowie rund 5000 historische Urkunden, die zum Teil zurückreichen bis ins 9. Jahrhundert. Um dieses kulturelle Erbe, das in der Wissenschaftlichen Bibliothek liegt, zu bewahren und für die Zukunft zu sichern, hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) dort am Donnerstag das Internationale Zentrum für Handschriftenforschung eröffnet. „Es ist ein Herzensanliegen der Landesregierung, dieses kulturelle Erbe zu pflegen“, sagte Dreyer bei einem Festakt in der Bibliothek. In den nächsten Jahren soll der gesamte historische Bestand digitalisiert und in einer Datenbank der Öffentlichkeit sowie der Forschung leichter zugänglich gemacht werden.

Zu den bedeutendsten Stücken, die seit 2014 in der Schatzkammer präsentiert werden, zählen das „Ada-Evangeliar“, die mit Goldtinte auf Pergament geschriebene Leithandschrift aus der Hofschule Kaiser Karls des Großen, die „Trierer Apokalypse“, die um das Jahr 800 entstandene älteste Bildfolge zur Geheimen Offenbarung in einem Buch sowie das „Evangeliar von St. Maria ad martyres“, das sich im Privatbesitz Kaiser Karls des Großen befand. Festrednerin Dr. Johanna Rachinger würdigte die enormen Schätze, die die Stadt Trier zu bieten hat. Die Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien hatte sich frühzeitig der länderübergreifenden Initaitive für ein Weltdokumentenerbe mit zehn karolingischen Handschriften aus sechs Ländern angeschlossen, die Professor Michael Embach, Direktor der Wissenschaftlichen Bibliothek in Trier, ins Leben gerufen hatte. Laut dem Trierer Kulturdezernenten Markus Nöhl steht eine Entscheidung der Unesco spätestens im Frühjahr 2023 an. Rachinger reflektierte die Rolle des kulturellen Erbes für die Identität von Gesellschaften anhand internationaler Beispiele wie der chinesischen Kulturrevolution, Kolonialismus sowie des Registers „Memory oft he world“, das auch traumatisches Geschehen vor dem Vergessen bewahrt.

Die Kostbarkeiten der Wissenschaftlichen Bibliothek entstammen aus dem Gesamtbereich des ehemaligen Kurfürstentums und Erzbistums Trier, das in weiten Teilen identisch ist mit der Ausdehnung des heutigen Landes Rheinland-Pfalz. Die enge Zusammenarbeit mit den Hochschulen vor Ort soll in dem neuen Zentrum für Handschriftenforschung eine wichtige Rolle spielen. Oberbürgermeister Wolfram Leibe versicherte weitere Unterstützung der Stadt.

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