Interview: Jörkk Mechenbier (Trixsi & Love A) „In den Charts vor den Stones? Schon schön!“

Interview | Trier/Hamburg · Der Sänger der Trierer Band Love A spricht über das erste Album und die Entstehung seines neuen Projektes Trixsi, Sitz-Pogo und die Rolling Stones.

 Da schau’ her! Love-A-Sänger Jörkk Mechenbier (hier bei einem Konzert 2012) hat mit seinem neuen Projekt Trixsi mal eben die Top-100 der deutschen Album-Charts erreicht.

Da schau’ her! Love-A-Sänger Jörkk Mechenbier (hier bei einem Konzert 2012) hat mit seinem neuen Projekt Trixsi mal eben die Top-100 der deutschen Album-Charts erreicht.

Foto: picture alliance / dpa/Friso Gentsch

Kaum ein Punk-Sänger mit Verbindung zu Trier ist überregional so erfolgreich wie Jörkk Mechenbier. Seit zehn Jahren begeistert er mit seiner Band Love A, deren Videos auf YouTube Hunderttausende Male angeklickt wurden. Mittlerweile ist Mechenbier von Trier nach Hamburg umgezogen – und startet dort mit Trixsi ein neues Projekt. Deren Debüt-Album „Frau Gott“ ist nun auf Platz 83 der deutschen Album-Charts eingestiegen. Im TV-Interview spricht er darüber, wieso es das Album eigentlich nicht geben sollte – und es trotzdem funktioniert.

Wenn man seit fast fünf Jahren in Hamburg lebt, vermisst man Trier dann?

JÖRKK MECHENBIER Hin und wieder, klar. Aber es kommt fast gar nicht dazu, weil ich öfter mal da bin. Wir haben mit Love A noch einen Proberaum in Trier, Dominik und Karl (Love-A-Mitglieder, Anm. d. Redaktion) leben noch in der Stadt. Deswegen bin ich gelegentlich mal vor Ort.

Das neue Projekt Trixsi besteht aus einer interessanten Kombination einiger erfahrener Musiker. Wie kam es dazu?

MECHENBIER Auch da muss ich in Trier anfangen. Zunächst war ich Herrenmagazin-Fan. Die Band war Support auf der Release-Show eines Love-A-Albums in Trier. Da haben wir uns alle ineinander verliebt. Wenn man sich im Exhaus zusammen betrunken hat, bekommt man die Leute nicht mehr auseinander.

Und dann?

MECHENBIER Dann bin ich zurück nach Hamburg. Das war zu einer Zeit, als Herrenmagazin sehr wenig gemacht haben. Paul Konopacka ist dann vom Bass zum Schlagzeug gewechselt und hat mit Torben Leske einfach nur nebenher Musik gemacht. Die Jungs brauchten aber auch jemanden, der singt – da waren sie schnell bei mir. Weil ich hier wohne und nicht Nein sagen kann, kamen wir zusammen.

Was war das Reizvolle am Projekt?

MECHENBIER Dass man einfach mal wieder mit dem Sixpack in den Proberaum gehen und Musik machen kann. Bei Love A ist die Professionalität eingekehrt, da fehlt das etwas.

Also einfach Musik machen, weil man Bock drauf hat?

MECHENBIER Richtig. Es geht um nichts, man trifft sich sowieso. Als großer Nicht-Fußballfan bemühe ich gerne einen Fußballvergleich: Das ist wie die Mannschaft, die entweder bereits Meister oder schon abgestiegen ist und befreit aufspielen kann. Bei uns alten Männern kann man das auch einen zweiten Frühling nennen.

Jetzt ist „Frau Gott“ draußen, obwohl aus Trixsi eigentlich kein Album entstehen sollte, oder?

MECHENBIER Wir wussten, dass wir mit der Kombination an Mitgliedern offene Türen einrennen, wenn es darum geht, Konzerte zu spielen. Aber wir wollten eigentlich kein Album rausbringen. Der Plan war, dass wir der Musikindustrie die lange Nase zeigen wollen. Vielleicht einfach mal alle zwei Monate einen Song bei Spotify als Single veröffentlichen.

Warum dann doch ein Album?

MECHENBIER Weil das Label uns live gesehen hat und meinte, es wäre so schön, uns zuzuhören – ob wir genug Songs für ein Album hätten. Da konnten wir dann doch nicht Nein sagen. Aber das Label geht das bei aller Ernsthaftigkeit ebenso hemdsärmlig an wie wir.

Ist die Kombination aus erfahrenen Musikern, die ihre Freiheit zurückerobern und musikalisch in eine Richtung gehen, die man nicht erwartet hätte, das Trixsi-Geheimrezept?

MECHENBIER Ja, aber die größte Komponente ist nicht mal musikalisch, sondern, dass man die ganze Musikindustrie bereits durchgetanzt hat. Sei es mit einer Band oder wie bei mir mit einem Job bei Tante Guerilla im Plattenladen. Man weiß auch, wie es hinter den Kulissen abgeht. Tom Hanks macht auch keine Blockbuster mehr, sondern macht nur, worauf er Bock hat. Den Luxus haben wir bei Trixsi auch.

Aber bleiben wir musikalisch: Seit wann passen denn Jörkk und Deutschrock zusammen?

MECHENBIER (lacht) Du sprichst die Ankündigung des Albums an, die ist auch auf meinem Humor gewachsen. Bei Love A haben wir immer den Begriff Deutschpunk benutzt, der auch nicht zu einhundert Prozent passt. Die Presse oder der Hörer braucht aber immer eine Schublade, in die er es stecken kann. Weil wir es selbst bei Trixsi als ‚Altherrenrock’ bezeichnet haben, habe ich dann gesagt: ‚Wenn wir früher Deutschpunk gemacht haben, machen wir jetzt Deutschrock’.

Das scheint zu funktionieren. Auch wenn die gesamte Promo auf Konzerten fehlt, ist „Frau Gott“ gut in den Charts eingestiegen ...

MECHENBIER Klar, wobei ich da relativieren muss. Wir freuen uns da sehr drüber, aber man weiß auch, dass Verkaufszahlen heute nichts mehr bedeuten. Da ist die gesamte Pre-Order dabei, die sich auf den Einstieg auswirkt. Wir werden da auch nächste Woche wieder rausfallen.

... aber momentan steht Trixsi vor einigen ‚etwas’ größeren Bands.

MECHENBIER Es ist schon schön, wenn man in den Charts über den Rolling Stones steht (diese sind mit ,A Bigger Bang’ auf Platz 98 eingestiegen, Anm. d. Redaktion), auch wenn das Album natürlich schon 15 Jahre alt ist. Wir hatten das Glück, dass wir durch die anderen Bands eine gewisse Grund-Aufmerksamkeit hatten. Wir unterhalten auch gerne und finden auch gerne albern bei Instagram oder Facebook statt. Da haben wir es leichter als andere Bands, weil wir aus dem Stand eine größere mediale Aufmerksamkeit haben. Wir leiden auch unter Corona, aber sind eher außenstehende Beobachter, weil wir nicht von der Musik leben.

Trotzdem spielt Trixsi am 10. Juli ein Konzert in Hamburg, auch wenn es vor sitzenden Fans ist. Funktioniert das?

MECHENBIER Ich kann versprechen, dass das funktioniert. Ich habe mit Schreng Schreng & La La in der gleichen Location unter den gleichen Umständen gespielt. Ich fand das sehr schön. Man merkt, dass die Leute zum ersten Mal wieder das Erlebnis haben. Die sind hungrig und dankbar. Auch wenn das Damoklesschwert Coronavirus über uns allen schwebt. Im Sitzen ist Pogo zwar schwierig, aber lächeln und klatschen gehen trotzdem.

Das neue Trixsi-Album ist auch Thema in der Kolumne „Vinyl der Woche“. Hier geht es zum Text.

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