Sommerprogramm des Trierer Theaters Kaum angekündigt, schon ausverkauft

Trier · Das Sommerprogramm des Trierer Theaters ab 2. Juni könnte ein Publikumserfolg werden.

 Mitglieder der Trierer Philharmoniker und Jochem Hochstenbach als Dirgent bei der Sommerserenade 2020 im Brunnenhof.

Mitglieder der Trierer Philharmoniker und Jochem Hochstenbach als Dirgent bei der Sommerserenade 2020 im Brunnenhof.

Foto: TV/Dr. Martin Möller

Wer glaubt, die Trierer hätten ihr Theater vergessen, der irrt sich gewaltig. Kurz vor Beginn der Sommerspielzeit am 2. Juni in Brunnenhof und Theatergarten standen bestenfalls noch Restkarten zum Verkauf. Selbst Zusatztermine waren ausverkauft. Mit einer Neufassung von Rossinis „Barbier von Sevilla“, mit den „Liebeslieder-Walzern“ von Brahms, mit „Sommerserenaden“ und je zur Hälfte einem Auftritt der philharmonischen Blechbläser und von einem Streichsextett traf das Musikprogramm beim Publikum offenkundig ins Schwarze. TV-Mitarbeiter Martin Möller sprach dazu mit Generalmusikdirektor Jochem Hochstenbach und Regisseur Yves Bombay.

Herr Bombay, Herr Hochstenbach, ich habe den Eindruck, Rossinis „Barbier“ hat im Sommerprogramm etwas vorläufiges. Stimmt dieser Eindruck?

Hochstenbach: Die Bezeichnung „vorläufig“ trifft den Sachverhalt überhaupt nicht. Es ist so: Wir planen und planen, und am Ende wird auch das schwierig. Im vergangenen Sommer waren wir optimistisch. Im November haben wir den „Barbier“ geplant. Dann kamen die neuen Bestimmungen und alles verschob sich weiter und weiter nach hinten. Das heißt: Wir mussten auch unser geplantes Programm immer weiter nach hinten schieben. Bis heute wissen wir trotz aller positiven Signale und trotz aller Planungen nicht genau, wie es im Theater nach der Sommerpause weitergeht.

Was bedeutet: So etwas wie vorläufig und dann vielleicht endgültig ergibt in der heutigen Situation gar keinen Sinn …

Hochstenbach: … das ergibt tatsächlich wenig Sinn momentan. Und im Übrigen bedeutet vorläufig ja so etwas wie unfertig. Das ist unsere Produktion aber nicht. Trotzdem müssen wir immer weiter proben um vorbereitet zu sein. Es ist so: Weil wir draußen im Brunnenhof spielen, weil wir keinen Orchestergraben haben, weil wir durch die Corona-Abstände sehr viel Platz benötigen und, und, und – darum können wir keine Oper spielen, wie wir sie sonst immer spielen. Auch bei den Konzerten muss ich mich anpassen.

Kann man sagen: Der „Barbier“, den wir im Brunnenhof erleben werden, ist eine Bearbeitung?

Hochstenbach: Ja, es ist auf jeden Fall eine Bearbeitung. Aber eine, die auf unsere Zwecke und auf unsere Möglichkeiten maßgeschneidert ist. Wir haben eigentlich alle Aspekte berücksichtigt – technische, optische, akustische. Das ist jetzt unser Vorteil. Ob wir dann ab der nächsten Spielzeit tatsächlich Rossinis Original spielen oder etwas ganz anderes, können wir noch nicht sagen.

Rossinis Barbier lebt ja auch vom Improvisierten, von den spontanen Einfällen auf der Bühne. Herr Bombay, wie lang oder auch wie kurz ist die Leine, mit der Sie als Regisseur die Akteure auf der Bühne führen?

Bombay: Es ist meine Aufgabe zu erreichen, dass alles stimmig ist, dass es einen Sinn hat. Wenn ich das erreicht habe, lasse ich den Künstlern auf der Bühne auch freie Hand. Meine Grundidee war: Wir sind eine reisende Theatertruppe, und unsere Fassung der Oper ist so, dass wir sie überall spielen könnten. Und das Gute dabei ist: Ich arbeite mit einem Ensemble, das schon seit drei Jahren zusammenarbeitet. Die Rolle der Rosina ist mit Einat Aronstein und Janja Vuletic doppelt besetzt. Beide Sängerinnen bringen ihre Persönlichkeit ein, da hat die künstlerische Freiheit eine große Bedeutung.

Wir mussten beim „Barbier“ sehr viel streichen, da war unsere Sorge, dass der Handlungsfaden verloren geht. Jetzt spielt die Handlung am Hochzeitstag von Figaro und Susanne, und Figaro erzählt uns rückblickend seine Geschichte. Die Rezitative sind auf Italienisch, mit Zwischentexten auf Deutsch. All das gibt dem Stück auch in der reduzierten Fassung Klarheit und Verständlichkeit.

Nun habe ich noch eine allgemeine Frage. Die Zwangspause durch Corona – ist die für das Theater Gewinn gewesen oder eher Verlust? Anders ausgedrückt: Haben Orchester und Sängerinnen/Sänger die Zeit genutzt und dazugelernt, oder sind sie, salopp ausgedrückt, etwas aus der Übung gekommen?

Hochstenbach: Ich will gar nicht Dinge nachträglich umbiegen. So eine lange Zeit ohne Kultur ist für uns alle ein Verlust. Aber es ist doch wohl so: Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht und wir haben Vorteile daraus gezogen. Der Brunnenhof ist beispielsweise ein wunderbarer Ort für Kultur mit toller Akustik. Vor der Corona-Pandemie hatten wir dort noch nicht geplant zu spielen.

Bombay: Und wenn ich jetzt sehe, wie rasch die Karten verkauft wurden, dann ist es für mich keine Frage: Theater ohne Publikum ist kein Theater.

Das Interview führte Martin Möller.

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