Theater Weitermachen! Vor leeren Rängen

München · Nach Schließung vieler Opern und Theater wollen deren Künstler die Zuschauer auf andere Weise erreichen.

 Blick ins menschenleere Teatro Real, wo die Opern-Aufführungen  ohne Publikum stattfinden. Auch andere Theater suchen nach Wegen, das Publikum auf virtuelle Weise zu erreichen.

Blick ins menschenleere Teatro Real, wo die Opern-Aufführungen  ohne Publikum stattfinden. Auch andere Theater suchen nach Wegen, das Publikum auf virtuelle Weise zu erreichen.

Foto: dpa/Bernat Armangue

Theaterliebhaber müssen sich momentan in Verzicht üben, in Trier genauso wie in München: Die Bayerische Staatsoper und das Staatsballett sind bis zum 19. April geschlossen, um das Coronavirus einzudämmen. Für Opernintendant Nikolaus Bachler (68) eine schwierige Entscheidung. „Ein Theater, das nicht spielen darf, existiert nicht“, sagte Bachler im Interview der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag in München. Vorstellungen wird es deshalb weiter geben, vor leeren Rängen, dafür mit Übertragung ins Internet, etwa am 11. April die Uraufführung „7 Deaths of Maria Callas“ der Performance-Künstlerin Marina Abramovic.

Herr Bachler, was sagen Sie zur vorübergehenden Schließung der Oper?

NIKOLAUS BACHLER Ein Theater, das nicht spielen darf, existiert nicht. Da greift man an die Wurzeln unseres Metiers.

Welche Konsequenzen hat das für Ihre Arbeit?

BACHLER Wir versuchen, dort wo wir es gemeinsam mit unseren Mitarbeitern verantworten können, weiterzuarbeiten. Wir wollen die Sachen, die wir erarbeiten, ja auch zeigen und für den Tag der Wiedereröffnung vorbereitet sein. Es würde auch nichts anderes Sinn machen. Wir spielen zum Beispiel das Akademiekonzert mit Joana Mallwitz und Igor Levit am 16. März und schicken es raus über einen Live-Stream, so werden wir es auch mit dem Ballett „Schwanensee“ machen. Wir müssen ja präsent bleiben.

Was wird das für ein Gefühl sein, vor leeren Rängen zu spielen und zu tanzen?

BACHLER Es wird immer wie eine Probensituation bleiben. Natürlich ist es nicht zu vergleichen mit einer Vorstellung. Aber es gibt keine andere Wahl im Moment.

Wie haben Ihre Mitarbeiter auf die Theaterschließung reagiert?

BACHLER Die Mitarbeiter sind alle geschockt. Es herrscht eine Mischung aus Fatalismus und Traurigkeit. Jetzt geht es darum, den Spirit und die Moral hochzuhalten. Wir sind da; und wir bereiten uns vor. Der Tag kommt schon noch, wo wir es zeigen dürfen.

Und wie geht die Künstlerin Marina Abramovic damit um, dass ihr Opernprojekt vermutlich nur über den Live-Stream im Internet zu sehen sein wird?

BACHLER Marina ist die gestählteste Künstlerin der ganzen Generation. Sie arbeitet und macht ihre Sache und hofft sicher auch, dass wir das zeigen können. Die lässt sich nicht unterkriegen.

Was kann man in Zeiten wie diesen aus den Opern lernen, in denen es ja auch ganz oft um Krankheit, Tod und Mord geht?

BACHLER Dass man Teil des Ganzen ist, das kann man aus der Kunst lernen. Dass es um den Moment geht. Und man kann aus der Oper lernen, dass man allem nur mit Humanität begegnen kann, jeder Lebenssituation.
Auch bei großen Konflikten ist das Rettende immer die Humanität. In den Opern gibt es immer einen menschlichen Gestus: Mitleid, Solidarität, Gemeinschaftsgefühl, Trauer, das Zulassen von Schmerz, die Suche nach Wahrheit.

Befürchten Sie, dass auch die Opernfestspiele im Sommer in Gefahr sein könnten?

BACHLER Man kann da nur mit dem Prinzip Hoffnung und mit positivem Gefühl herangehen.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort