Jenseits der Publikumserwartung und offen für alle

Trier · Der Verein Tufa Tanz e.V. feiert am kommenden Wochenende Jubiläum. In 25 Jahren hat er sich mit zahlreichen Projekten, die Laien und Profis, Jugendliche und Erwachsene, Menschen mit und ohne Behinderung einbinden, zu einer Instanz für zeitgenössischen Tanz in der Großregion entwickelt.

 Hannah Ma stellt ihre neue Produktion „Zugvögel – Heimat Europa“ vor. TV-Foto: Anke Emmerling

Hannah Ma stellt ihre neue Produktion „Zugvögel – Heimat Europa“ vor. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. "Der Tufa Tanz e.V. wurde 1988 als Verein zur Förderung von Tanz und Bewegung in der Tuchfabrik Trier gegründet". Was sich im Faktenpapier etwas nüchtern liest, gewinnt in persönlichen Aussagen die Kontur eines leidenschaftlichen Anliegens. Die heutige Vorsitzende des Vereins, Monika Wender, weiß von Gründungsmitgliedern, dass es ihnen um einen Aufbruch ging.
"Der Tanz sollte aus seiner starren über klassischen Tanz, Theater oder Paar-Tanzkurs bestimmten Szene geholt werden", sagt Wender und erinnert an die damalige Vorreiterrolle Pina Bauschs in Sachen freier Tanz. "Es ging darum, auch Menschen ohne entsprechende Ausbildung den Zugang zu ermöglichen."
Ein buntes Spektrum an Kursen und Workshops bietet seither Interessierten aller Altersgruppen die Möglichkeit, sich weiterzubilden oder schlicht ihre Freude am Tanz auszuleben. Da gibt es kreativen Kindertanz, Orientaltanz, klassisches Ballett, Hiphop, Salsa, Irish Dance, Stepptanz, Streetdance, Flamenco, Contact Improvisation und experimentellen Tanz. 35 aktive Mitglieder des Vereins, darunter einige Tanztherapeutinnen und -pädagoginnen, zeichnen für das Angebot und für eine seit der Jahrtausendwende deutlich zutage tretende Profilierung verantwortlich.
Wender beschreibt diese so: "Wir sind eine Lobby für zeitgenössische Tanzprojekte, die sich jenseits konventioneller Publikumserwartung nur mühsam etablieren lassen." Um 2000 entwickelten vor allem Alito Alessi, Marina Idacik und Maja Hehlen den Gründungsgedanken dergestalt weiter, dass auch Menschen mit Behinderungen Zugang zum Tanz haben sollten. Seither sind Mixed Ability-Projekte ein Hauptpfeiler der Vereinstätigkeit.
Professionelle Künstler


Weitere sind die Bereiche Kinder- und Jugend-, grenzüberschreitende sowie zeitgenössische Tanz-Projekte professioneller Künstler. Kooperationen mit unterschiedlichen Partnern und Verbindungen mit anderen Kunstformen sind an der Tagesordnung. Und obwohl dabei konventionelle Erwartungen tatsächlich selten bedient werden, findet diese Arbeit öffentlich großen Anklang und wird von angesehenen Kulturförderern unterstützt. "Unser Erfolg resultiert sicher auch daraus, dass wir im Verein zusammenhalten, dass wir uns unterstützen, dass es uns immer gelungen ist, einen Nenner zu finden", resümiert Wender.
Das Jubiläum wird am Freitag, 6. September, um 20 Uhr im großen Saal der Tufa Trier gefeiert. Darüber hinaus gibt es in den Tagen danach Premieren zweier neuer Produktionen: Am Samstag, 7. September, um 20 Uhr stellt die aus dem Theater Trier bekannte Tänzerin Hannah Ma in einer Vorpremiere ihr Stück "Zugvögel - Heimat Europa" vor. Es geht darin um das Suchen, das Ankommen, die Bestimmung eines eigenen Standpunkts innerhalb Europas. "Ich selbst habe bayerisch-chinesische Wurzeln", erzählt Ma, "bin mit bayerischer Volksmusik aufgewachsen, das prägt". Deshalb ist Volksmusik, allerdings in stark veränderter bis unkenntlicher Form ein Ausgangspunkt ihres Tanztheaters. Als Bilder- und Szenencollage arbeitet es ferner mit multimedialen und interaktiven Mitteln, die abstrahiert und humorvoll auch archaische Motive der europäischen Geistesgeschichte aufnehmen.
Alle Mitwirkenden, Helge Freiberg, Juliane Hlawati und Hannah Ma (Tanz), Thomas Kiessling (Stimme, Text), Maria Kulowska (Cello, Video, Sound) und Alexander Ourth (Videotechnik, Text) bringen überdies auf verschiedenen Ebenen ihr eigenes "Heimatgefühl" ein. Die eigentliche Premiere ist am Sonntag, 8. September, um 20 Uhr im großen Saal der Tuchfabrik.
Dorf ohne Grenzen


Am Freitag, 13. September, um 20 Uhr hat "Dorf Intl" von Maja Hehlen und dem von ihr 2005 gegründeten DanceAbility Ensemble BewegGrund Trier Premiere. "In Dorf Intl, also Dorf International, beschäftigen wir uns mit vier Dörfern aus vier Ländern", erklärt Hehlen. "Wir haben gesucht, was in ihnen allen gleich und universell ist, was es im Dorf immer gibt und haben das auf Videos festgehalten." Gleichzeitig geht es in der Video-Tanz-Performance aber auch um Unterschiede. Doch dabei werde immer wieder ein gemeinsamer Nenner gesucht. Insofern sei das Thema Dorf als Projektion der Gruppe selbst zu verstehen. Diese sei sehr gemischt, die Tänzer und Tänzerinnen des Ensembles hätten sehr unterschiedliche Beeinträchtigungen. "Doch jeder, der mittanzt, sagt, er merke keine Grenzen." ae
Weitere Aufführung: Samstag, 14. September, um 20 Uhr im großen Saal der Tufa Trier.

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