Keine Scheu vor frischen Klängen

Newel · Wer von Trier nach Bitburg fährt, nimmt Newel bestenfalls als Namen auf den Verkehrsschildern wahr. Wer ahnt schon, dass es in der kleinen Gemeinde wenige Kilometer nördlich von Trier einen gemischten Chor mit immerhin 45 Mitgliedern gibt? Der ist modern, eigenständig und sehr aktiv.

"Wir sind ein Dorfchor", sagt Adrian Nuca, und im Tonfall des Chorleiters klingt deutliches Understatement mit. Dafür gibt es keinen Grund. Der "Gemischten Chor Newel 1914 e. V." im Eifelort nahe Trier mag dörflich sein, hinterwäldlerisch ist er nicht. 1914 wurde er als Männerchor gegründet und 1966 zum Gemischten Chor umfirmiert. Mittlerweile hat sich die Zahl der Sängerinnen und Sänger von anfangs 25 nahezu verdoppelt - auf stolze 45. Fast alle kommen aus Newel oder den Nachbarorten. Und mit dem Rumäniendeutschen Adrian Nuca, der im Mai 1983 in die Bundesrepublik übersiedelte und jetzt am Bitburger Willlibrord-Gymnasium lehrt, fand sich ein Chorleiter, der zeitgerechte Schwerpunkte setzt. "Wir müssen den Chorgesang mit neuen Ideen über die Zeit retten", sagt Nuca und geht dabei auch zu eigenen Vorlieben auf Distanz. Er hat die Romantik, die er persönlich besonders liebt, in die Kirche verbannt, wo der institutionell ungebundene Chor gelegentlich zur Messe singt. Und er hat das weltliche Repertoire freigeräumt von allem Traditionsballast, hat die Chorromantik durch Spirituals und Flott-Zeitgemäßes ausgewechselt. Bei solcher Musik setzt sich Adrian Nuca auch einmal hin und trägt Übersetzungen in die Noten ein oder schreibt Stimmen neu aus. Mit Modernem, Unterhaltendem komme man beim Publikum an, sagt er. Und obwohl im Chor die reiferen Jahrgänge dominieren, singen tatsächlich auch einige Jüngere mit. Ganz zeitgerecht "Chor & More" hieß denn auch ein Konzert im Gemeindehaus Newel.
Zurzeit steht eine mozartnahe Messe von Robert Führer (1807-1861) an, ein hoch begabter Komponist, der allerdings in der zweiten Hälfte seines unsteten Lebens Polizei und Ämter stärker beschäftigte als das Musikpublikum. Es gibt sicherlich Komplexeres als diese gefällige Komposition, aber sie bleibt für Laien eine Herausforderung.
Mühsam, aber erfolgreich


Und die nehmen sie an, der Chor und sein Leiter. Adrian Nuca erarbeitet das Werk Stimme für Stimme. Das ist manchmal mühsam, aber am Ende erfolgreich. Und alle sind mit vollem Einsatz dabei. Wenn es schwierig wird, dann rücken die Soprane ganz vorne an die Stuhlkante, kerzengerade und hellwach. Klar, dass der Chor bei der Zugabe "Ohne Krimi geht die Mimi nicht ins Bett" mit rhythmischer Prägnanz und echter Musizierfreude begeistert.
Chorsingen ist für viele, die da in der Alten Schule in Newel proben, ein Stück Leben. "Gut für die Seele", sagen sie und loben die freundliche Atmosphäre. Und eins ist auch klar: "Wir wollen moderne Musik singen." Warum sie denn ausgerechnet in Newel dabei sind und nicht bei einem Trierer Chor? Die Frage stößt auf Unverständnis. Das hier sei doch die Heimat, man gehöre hierher, betonen mehrere unisono. Und da erhält Adrian Nucas Formulierung vom "Dorfchor" einen neuen, positiven Akzent. Der Gemischte Chor Newel ist Teil des Ortslebens. Er gehört einfach dazu. Vielleicht macht ihn das so aktiv und stabil.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort