Kinder an die Macht

Oper für Kinder - das bedeutet meistens "Zauberflöte" oder "Hänsel und Gretel". Das Grand Théâtre ist einen anderen Weg gegangen und hat gemeinsam mit dem Theater Luzern eine Oper "für Kinder und Erwachsene" in Auftrag gegeben. Am Wochenende feierte die "Rote Zora" nach dem berühmten Kinderbuch Premiere.

 Keine Angst vor niemand: Zora und ihre Bande. Foto: Ingo Höhn

Keine Angst vor niemand: Zora und ihre Bande. Foto: Ingo Höhn

Luxemburg. Man könnte einiges lernen von dieser Familien-Oper. Zum Beispiel, dass es Musik gibt, die auf angenehme Weise modern wirkt, ohne das Publikum zu überfordern. Oder wie wichtig ein bisschen Illusion und Theaterzauber ist, in Zeiten, da im Musiktheater der Intellekt dominiert.

Die keineswegs heile Welt eines Fischerdörfchens



Es braucht gar nicht viel. Das Wasser auf der Bühne zum Beispiel, dessen Flimmern sich an der Decke des Theatersaals spiegelt. Das Orchester, das imposant im Hintergrund auf einem Schiffsrumpf thront. Die muntere Ouvertüre, die Kaffeehaus-, Tango- und Klezmer-Klänge mischt. Die wunderbar spielenden Jugendlichen, die die Rote Zora und ihre Bande lebendig werden lassen. Bewegliche, container-artige Kulissen, die mit wenigen Umbauten und einem Schuss Fantasie die keineswegs heile Welt eines Fischerdörfchens skizzieren.

Komponistin Elisabeth Naske und ihre Librettistin Theresita Colloredo erzählen die Geschichte von den Straßen-Kindern, ihrem Freund, dem Fischer Gorian, dem habgierigen Kaufmann Karaman und dem versoffenen Gendarmen Begovic einfach, klar und plakativ. Und Regisseur Dominique Mentha setzt es um, ohne in Plattitüden zu verfallen, spannend, humorvoll, mit einem verträglichen Schuss Groteske.

Die Musik zwingt dem Stoff keine Ideologie auf, sie richtet sich nach dem, was die Geschichte fordert. Naske instrumentiert geschickt und stimmig, die Luxemburger Philharmoniker unter Rick Stengards spielen beherzt, leicht und swingend auf. Mal klingt's nach Film-Musik, dann mischt sich Dave Brubeck ins Geschehen, es gibt hochmelodiöse Arien, spannende Intermezzi. Aber ohne berechnenden Musical-Schmus und billigen Effekt.

Die Singstimmen orientieren sich weitgehend an tonaler Linienführung. Nur der Bösewicht Karaman darf nach Herzenslust dissonant singen, was dafür sorgt, dass ihn die Kids angemessen grässlich finden - am Ende pfeifen sie den Sänger sogar anerkennend aus.

Die Solisten-Truppe vom Luzerner Theater singt durchweg respektabel und müht sich um Wortverständlichkeit - oft, aber leider nicht immer mit Erfolg. Die Besetzung von Zora und ihrer Bande mit Kindern und Jugendlichen ist ein Schlüssel für die Glaubwürdigkeit der Aufführung, aber musikalisch nicht ganz unproblematisch. Ausgerechnet die coole Zora singt recht engelhaft.

Aber das sind bescheidene Einwände angesichts einer sympathischen, sehens- und hörenswerten Familien-Oper, die man bedenkenlos fürs Repertoire empfehlen kann. Auch Trier würde so was gut stehen.

Zum begeisterten Publikum bei der Premiere gehörten 120 Kinder aus der Grundschule Bitburg-Nord. Ihre Bewertung, eingefangen bei der Nachbereitung im Unterricht: Tolle Bühnenbilder, "vor allem das Wasser und die Nacht-Szenen"; klasse Kampf-Szene "wie echt"; viele lustige Elemente, "zum Beispiel der komische Polizist"; sehr beeindruckend das "richtige Orchester" und der große Chor; super gespielte Szenen. Das Stück sei "sehr lohnenswert", sagt Rektorin Agnes Hackenberger, sinnvoll sei aber, wie in Bitburg, eine gründliche Vorbereitung anhand von Buch und Film.

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