Klänge fürs Auge, Farben fürs Ohr

Luxemburg · Die "rainy days" haben sich in diesem Jahr auf die Verbindung und wechselseitige Durchdringung akustischer und optischer Eindrücke konzentriert. Unter dem Motto "Switch the Light On" drehte sich vom 26. bis 30. November bei 14 Konzerten alles um das Thema Licht. Höhepunkt war ein Ballettabend mit der Londoner Akram Khan Company. Nicht immer jedoch kamen Bild und Klang problemlos auf einen Nenner.

 Gelungenes Zusammenspiel von Farbe, Musik, Gesten und Bewegungen: Eine Tänzerin der Londoner Akram Khan Company beim Auftritt im Luxemburger Grand Théâtre. Foto: Theater Luxemburg

Gelungenes Zusammenspiel von Farbe, Musik, Gesten und Bewegungen: Eine Tänzerin der Londoner Akram Khan Company beim Auftritt im Luxemburger Grand Théâtre. Foto: Theater Luxemburg

Luxemburg. Die "rainy days" 2014 endeten Blau in Blau mit einer Reverenz an Monochromie-Künstler Yves Klein (1928-1962) und dessen "Sinfonie monotone - Silence". Das Werk besteht aus 20 Minuten D-Dur und 20 Minuten Stille. Nicht sonderlich aufregend, sollte man meinen. Aber den Instrumentalisten des Luxemburger Konservatoriums, dem Chor des INECC-Instituts und Dirigent Roland Dahinden gelang das Kunststück, beim Klang die Spannung zu halten und in der Stille die Konzentration. Optische und akustische Monochromie - da kamen Licht und Töne schlüssig zusammen, Klänge fürs Auge, Farben fürs Ohr.
Schwierige Verbindung


Bei der Eröffnung des Neue-Musik-Festivals in der Luxemburger Cinémathèque wurden indes auch die Schwierigkeiten einer optisch-akustischen Verbindung deutlich. Bei Walter Ruttmanns "Lichtspielen" und Oskar Fischin gers "Komposition in Blau" bleibt das Verhältnis der abstrakten Bildfiguren zur Musik (Max Butting, Helga Pogatschar, Otto Nicolai) bestenfalls zufällig. Und wie Schwarzweiß-Körper mit unscharfen Konturen die farbenreichen Klangflächen von John Cage abbilden sollen, bleibt das Geheimnis von Filmemacher Henning Lohner - überdies ermüdet sogar Cage bei 90 Minuten Dauer.
Ähnliche Probleme taten sich in anderen Konzerten auf. Zu Alexander Skriabins "Prometheus" im Orchesterkonzert war Fabiana Piccioli nur Beliebiges eingefallen. Dabei hatte die italienische Lichtdesignerin zu Schönbergs Orchesterstücken op. 16 mehrere Porträts des Komponisten mit scharf geschnittenen Gesichtszügen auf den Hintergrund im Großen Saal der Philharmonie projiziert und damit etwas von der Intensität und Strenge seiner Musik ins Bild gebracht.
Eindringlich war bei Dirigent Emilio Pomarico und dem Orchestre Philharmonique (OPL) das berühmte dritte Stück, "Farben" - keine Klangspiele, sondern der Ausdruck eines atemlos staunenden Innehaltens. Und bei den "Spiegeln" von Friedrich Cerha vermieden Pomarico und das OPL alle Klangflächen-Statik und entwickelten die Musik zu einem dynamischen, weit ausholenden Prozess. Im uraufgeführten Auftragswerk LUX beeindruckte Komponist Manos Tsangaris mit originellen Orchester-Klangeffekten, und Picciolis intelligent-verspielte Beleuchtungsregie tat dazu ein Übriges.
Mit dem Ballettabend im Grand Théâtre erreichte die dichte Veranstaltungsfolge der "rainy days" dann ihren Höhepunkt. Die Londoner Akram Khan Company setzte mit ihrer "iTMOi"-Produktion (in the mind of igor) bei Strawinskys "Sacre du Printemps" an. Sechs Tänzerinnen und fünf Tänzer formulierten mit einer ungemein breiten Palette an Farben, Gesten und Bewegungen neu, was bis heute an Strawinsky beeindruckt: das unverstellt Naturhafte, Körpernahe seiner Musik. Das lässt sich im Tanz auch da ausdrücken, wo Musik und Worte versagen. mö

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