Klänge mit allen Sinnen erleben
Trier · Die Reihe Intermezzo widmet sich in der Trierer Tufa alle zwei Monate neuer improvisierter Musik. Zum zehnten Konzert hat der Veranstalter, die Gesellschaft für aktuelle Klangkunst, jetzt alle bisherigen Teilnehmer an einem Abend vereint.
Trier. Neugier und Offenheit sind Voraussetzungen für den Besuch der Intermezzo-Konzerte. Denn hier geht es um Klänge, die man so noch nicht gehört hat, selbst wenn sie auf herkömmlichen Instrumenten erzeugt werden - es geht um improvisierte Musik. Den Auftakt der Jubiläumsauflage bestreiten Georg Wolf, Stefan Scheib und Ulrich Phillipp mit Kontrabässen - Instrumenten, die normalerweise im Hintergrund und fürs Rhythmusgerüst agieren. An diesem Abend treten sie jedoch unter klopfender, sägender oder kratzender Bearbeitung mit Händen, Stöcken oder Bögen als Individuen hervor. Sie summen, ächzen, schluchzen oder vibrieren so, dass das Bauchfell des Zuhörers in Schwingungen gerät. "Bei dieser Art von Musik geht es um unmittelbare, vielschichtige Kommunikation, das Bestätigen oder Konterkarieren", erklärt Bassist Georg Wolf. "Mir ist dabei der klangliche Aspekt wichtig, dass man so wenig Grenzen hat." Tatsächlich sind die intuitiv entwickelten Geräusche frei von jeglichen vertrauten Musikmustern und nicht unbedingt immer schön zu nennen. Aber sie fesseln, denn: "Hier geht es auch um den performativen Charakter, das überraschende Moment, wie der Klang entsteht", erklärt Klaus Reeh von der Gesellschaft für aktuelle Klangkunst. "Anders als bei normaler Musik erwartet man keine bestimmten Töne, sondern Gesten."
Das machen die folgenden Konzertabschnitte mit dem Schlagwerk-Trio aus Elisabeth Flunger, Wolfgang Schliemann und Bernd Bleffert, dem Luft-Instrumente-Quartett aus Marc Stutz-Boukouya (Posaune), Martin Speicher (Klarinette), Stefan Keune (Saxofon) und Ute Völker (Akkordeon) sowie dem Finale aller Teilnehmer deutlich. Den Großteil des sinnlichen Erlebnisses macht die visuelle Wahrnehmung aus: Der Quietschlaut erklärt sich, weil man sieht, wie Schliemann einen Styroporbecher zersägt, das Scheppern wird plausibel, weil man sieht, wie Elisabeth Flunger Metallschrott hin- und herräumt. "Das ist ein Gegenpol zur Welt der digitalen Konserve, die eine Welt ohne Schweißperlen und Geruch ist", sagt Klaus Reeh.
Klanglich überraschend
Wie schon bei den meisten vorangegangenen Konzerten ist der Raum im zweiten Tufa-Obergeschoss mit rund 60 Gästen gut besetzt. Eine Zuhörerin, die häufiger zu Intermezzo kommt, begründet ihr Interesse mit dem "artfremden" und daher klanglich überraschenden Einsatz der Instrumente. Entscheidend seien jedoch die Gefühle, die die Konzerte auslösten. "Manchmal ist es angenehm, manchmal bringt es mich an Grenzen, aber es ist immer inspirierend." Die Reihe wird nach dem Opening-Festival im kommenden Februar fortgesetzt. Das Engagement für die Klangkunst bezeichnet Klaus Reeh als Lebenselixier: "Man will doch nicht immer dasselbe hören. Das Leben ist so reich, es gibt viele Gründe, mal was anderes zu machen." ae