Klänge wie Jahrmarkt und Hochaltar

Trier · Josef Still überzeugt zur Eröffnung der Trierer Dom-Orgeltage mit einer symbolkräftigen Darstellung der heiligen Dreifaltigkeit.

 Begeistert mit französischen Klängen: Domorganist Josef Still. Foto: Privat

Begeistert mit französischen Klängen: Domorganist Josef Still. Foto: Privat

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Trier Was war das für ein erstaunliches Stil- und Ausdrucksspektrum! Josef Still präsentierte zur Eröffnung der Dom-Orgeltage vor 110 Besuchern nicht nur die approbierten Klassiker französischer Orgelmusik. Er stellte auch Musik vor, die östlich von Frankreich häufig mit leichtem Schulterzucken quittiert wird. Aus Sicht deutscher Orgeltradition kann Henry Mulets Toccata "Carillon" den Etüden-Charakter nicht ganz ablegen. Beim Offertorium a-Moll von Georges Schmitt klingt für deutsche Ohren der Jahrmarkt mit. Selbst die Pavane von Gabriel Fauré scheint in ihrer Popularität hart am Trivialen zu siedeln.
Und dann, wie aus einer anderen Welt, die großen Orgelkomponisten Frankreichs: Dupré, Langlais, Messiaen und César Franck, bedeutende, ambitionierte Musik, geschrieben wie für den Hochaltar. Josef Still verbindet beides. Und mit der großen, oft sinfonisch geprägten Orgelmusik Frankreichs beeindruckt Still vor allem mit Transparenz und feinen Klangfarben. Die "Incantation" von Jean Langlais über Gregorianik zur Osternacht und Marcel Duprés "Placare christe servulis" (Versöhnung der Jünger Christi) glänzen mit einer geradezu prophetischen Kraft und verlieren dabei nicht an Deutlichkeit und Klangcharakteristik. Geriet dem Domorganisten in Francks a-Moll-Choral der langsame Mittelteil vielleicht zu eilig? Immerhin gelang es ihm, die kontrastierenden Abschnitte der Komposition unter einen großen Spannungsbogen zu bringen. Messiaens "Offrande au Saint Sacrement" (Opfergabe an das heilige Sakrament) aus den 1930ern indes wurde zum ruhenden Pol des Konzerts. Ein Klangbild auf drei Ebenen - zwei Manuale und Pedal. Eine symbolkräftige Darstellung der heiligen Dreifaltigkeit, musiziert in größter Ruhe mit einem sachten, bedächtigen Pulsschlag. Musik, die im Gedächtnis noch lange nachklingt.

Nächstes Konzert im Dom-Orgelzyklus am 23. Mai, 20 Uhr. Ernst Wally aus Wien spielt Werke von Bach, Liszt, Rudolf Bibl und Denis Bédard.

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