Klangfenster zur Seligkeit

Luxemburg · Unerfahrene Hörer wie Musikkenner wollte Wolfgang Amadeus Mozart nach eigener Aussage mit seiner Musik erreichen und bewegen. In Luxemburg ist das Murray Perahia (als Pianist wie Dirigent) und der Academy of St. Martin in the Fields wunderbar gelungen. 900 Zuhörer waren begeistert.

Luxemburg. So klingt Seligkeit. Mehr ist eigentlich nicht zu sagen, wenn Murray Perahia das Larghetto aus Mozarts Klavierkonzert Nr. 26 in D-Dur, KV 537, dem "Krönungskonzert", spielt. Der Mittelsatz ist das Herzstück des Konzerts. Und daher sei es erlaubt, mit ihm zu beginnen. Der junge und der weise Mozart treffen sich in diesem wunderbaren Satz, der geradewegs hineinführt, in die Ruhe der eigenen Seele. In der stillen Größe und edlen Schlichtheit des Larghettos fallen Komponist und Zuhörer ganz auf sich zurück, um tief in sich hinein zu hören.
Murray Perahia, der zu den besten Mozart-Interpreten dieser Zeit zählt, war auch in Luxemburg ein faszinierender Klangredner. Selbstvergessen , ganz der Musik hingegeben, sitzt der 1947 geborene Pianist am Klavier. Atemberaubend leicht und kultiviert ist sein Anschlag, perlend sind seine Läufe. Perahia kann die Töne funkeln und strahlen lassen, sie in wunderbare Bögen verbinden und sie dann wieder so still und innig werden lassen, dass man kaum wagt zu atmen. Verziert aufs Feinste funkelt und glitzert Perahias Mozart und singt zu Herzen gehend. Aber er ist nie niedlich oder Nippes, schon gar nicht sich selbst genügendes Ornament und gefälliger Zierrat.
Perahia machte gemeinsam mit dem Orchester die Farbvielfalt des Klangs, die Energie und Dynamik der Komposition, ihre Lebendigkeit und ein faszinierendes Formgefühl hörbar. Einmal mehr bestätigt Perahias Kadenz im Mittelsatz: Sein Mozart ist bei aller Eleganz voller Wärme und Nachdenklichkeit und nie vordergründige sentimentale Gefühlsduselei.
Musikalische Lebensretter


Mit Perahia war die Academy of St. Martin in the Fields - vielleicht das beste Kammerorchester der Welt - in die Philharmonie gekommen. Dass sich die großartigen Musiker nicht als Archivare verstehen, sondern als musikalische Lebensretter und -erhalter wurde gleich zu Beginn in Mozarts wenig gehörter "Serenata notturna" in D-Dur, KV 239, deutlich. Die eigenwillige, witzige Komposition spielten die Londoner frisch und mit geradezu ansteckender, bisweilen mutwilliger Freude am Spiel und am musikalischen Dialog.
Zum Schluss die späte Symphonie Nr. 39 Es-Dur, KV 543 unter dem Dirigat von Perahia: Das war jener andere Mozart mit seinen düsteren Ahnungen, seinem gespenstischen Spuk und einer Ausgelassenheit, hinter der Verzweiflung lauert. Einmal mehr waren hier Frische, Ausdruck- und Farbvielfalt zu bestaunen, kontrastreiche Dynamik und ein faszinierendes Gefühl für den Puls und die Seele der Musik.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort