Klangkörper außer Konkurrenz

Luxemburg · Mitte Dezember hat das luxemburgische Parlament die Fusion des Orchestre Philharmonique und des Konzerthauses Philharmonie zu Jahresbeginn 2012 beschlossen. Voll auswirken wird sich die Maßnahme wohl frühestens in der nächsten Spielzeit. Trotzdem Grund genug für die Orchestervertreter, Bilanz zu ziehen.

 Gehört juristisch, organisatorisch und künstlerisch zur Philharmonie: Orchestre Philharmonique mit Chefdirigent Emmanuel Krivine (vorne Mitte). Foto: OPL

Gehört juristisch, organisatorisch und künstlerisch zur Philharmonie: Orchestre Philharmonique mit Chefdirigent Emmanuel Krivine (vorne Mitte). Foto: OPL

Luxemburg. Ja, sie sind zufrieden, sagen sie. Für die vier Musiker aus dem Orchestervorstand des "Orchestre Philharmonique du Luxembourg" (OPL) ist die Fusion ihres Klangkörpers mit dem Konzerthaus Philharmonie (der TV berichtete) ein Gewinn - künstlerisch, organisatorisch und nicht zuletzt, was die Zukunftsperspektiven angeht. Einige Argumente, die Fabienne Welter, David Sattler, Utz Köster und der Vorsitzende Patrick Coljon dabei anführen, sind wohlbekannt: Dass es problematisch sei, wenn zwei Institutionen in einem Haus ein nicht immer konfliktfreies Nebeneinander praktizieren, dass jetzt Synergien möglich seien und dass durch die PR-Arbeit der Philharmonie-Mannschaft auch das Orchester in der Öffentlichkeit präsenter sein könne als bislang. David Sattler bringt es auf den Punkt: "Das OPL war bisher ziemlich einsam". Ähnlich verkünden all das auch die Spitzen von Konzerthaus und Orchester. Klar ist dabei: Erst zu Saisonbeginn 2012/2013 könnte sich die Neuordnung auch im Konzertprogramm niederschlagen. Wie das dann aussieht, ist noch offen.
Die Musiker sehen die Entwicklung aber noch unter anderen Aspekten und dabei mit gesunder Skepsis. Völlig ungetrübt war die Situation des OPL in den letzten Jahren keineswegs. Immerhin sechs der 98 Orchesterstellen sind unbesetzt geblieben. Und aus finanziellen Gründen musste das Management 2011 sogar eine Tournee absagen. Jetzt ist das OPL Teil eines "Etablissements public", also einer öffentlichen Einrichtung. Das erhöht die finanzielle Sicherheit und verbessert zudem die Chance, renommierte Gastdirigenten zu verpflichten. So, wie Jiri Belohlavek, der zu Saisonbeginn kam und schon lange auf der Wunschliste der OPL-Musiker stand. Das sei, betonen alle, natürlich nicht als Kritik an Orchesterchef Emmanuel Krivine zu verstehen. Der sei als Mensch zwar nicht immer einfach, aber ein hervorragender Musiker. Und zudem verkörpere Krivine gerade in den aktuellen Übergangs-Zeiten Kontinuität. Selbstverständlich werden nun auch die offenen Stellen besetzt. Das Orchester kann jedenfalls große Sinfonik - Bruckner, Mahler, Strauss - weitgehend ohne Aushilfen musizieren.
Das OPL, das 1996 vom Funkorchester zum luxemburgischen Staatsorchester mutierte, bleibt dabei im Kern eine Angelegenheit des Großherzogtums. Das Interesse an Gastspielen in der Trie rer Region mag in der Intendanz ausgeprägter sein - bei den Musikern ist es eher begrenzt. Ein bis zwei Veranstaltungen, vielleicht beim Mosel-Musikfestival, könne man sich schon vorstellen, sagt Coljon. Das OPL soll für die Trierer Einrichtungen keine Konkurrenz werden. Das ist besonders für Utz Köster, der gelegentlich bei den Trierer Philharmonikern mitspielt, keine Frage: "Den Kollegen werden wir nicht in den Rücken fallen".
Angesichts solch positiver Aussichten fallen die skeptischen Anmerkungen verhalten aus. Die Fragezeichen, die es auch für OPL-Musiker gibt, werden von ihnen nur kleingeschrieben. Ja, sagt Patrick Coljon, man haben beim neuen Kollektiv-Vertrag (der ungefähr einem deutschen Haustarifvertrag entspricht) finanzielle Verluste hingenommen. Aber immerhin gelte der jetzt für die gesamte Philharmonie. Auch organisatorisch sind noch nicht alle Hürden ausgeräumt. "Der Apparat muss sich einspielen", sagt Fabienne Welter, und alle im Vorstand rechnen mit einer Übergangsphase von rund zwei Jahren.Meinung

Kein Grund für Spar-Aktionen
Na prima, werden manche sagen, Luxemburg hat doch diePhilharmonie und dazu ein großes Orchester und jetzt fusionieren beide noch. Da kann sich Trier seine professionelle Musikkultur schenken. Wer so denkt, der irrt schon im Ansatz. Das Orchestre Philharmonique und die Trierer Philharmoniker besetzen völlig unterschiedliche Felder. Die Luxemburger sind ein Konzertorchester, das gelegentlich in der Oper gastiert, im Ausland das Großherzogtum repräsentiert und außerdem mit Spezialveranstaltungen junge Hörer anspricht. Die Trierer dagegen sind überall präsent: in Sinfoniekonzert, Oper, Operette, Musical, Ballett, in der Weltmusik, in konzertpädagogischen Veranstaltungen und jetzt noch als Kammerorchester in "Klassik um Elf". Dieses "Arbeitsorchester" ist nie und nimmer zu ersetzen durch einen Klangkörper, der sich auf Konzerte spezialisiert hat. Jedenfalls darf dessen Existenz kein Grund sein, bei den Trierern den Rotstift anzusetzen. m.moeller@volksfreund.de

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