Klangstück zum Gedenken

Stilistische Einäugigkeit wird man Joachim Reidenbach schwerlich vorhalten können. Nach einer höchst modernen, atonalen Psalmvertonung hat er jetzt eine introvertierte, meditative Komposition über den Introitus der Totenmesse geschrieben. Das Werk wird am 1. November um 18 Uhr in der Trierer Basilika St. Paulin uraufgeführt.

Trier. Dramatisch und aufwühlend ist Joachim Reidenbachs neue Komposition ganz sicher nicht, obwohl sie an menschliche Grenzerfahrungen appelliert. Die Vertonung des Introitus "Requiem aeternam" aus der traditionellen Totenmesse orientiert sich an einem ganz anderen Prinzip. "Ich praktiziere darin eine bewusst gewählte Langsamkeit", sagt der Trierer Regionalkantor und präsentiert die Partitur. Der ist schon auf den ersten Blick anzuschauen, dass in ihr Einkehr und Stille dominieren und nicht die laute Klage oder die apokalyptische Furcht. Besetzt ist die Komposition sparsam: mit Chor, Klarinette, Fagott und Orgel.

Reidenbach: "Ein dahinfließendes Klangstück"



Und schon die ersten, weit ausgreifenden und von Dissonanz-Reibungen begleiteten Linien, die mehr Klangfläche sind als Melodie, sie demonstrieren: Das Gebet um die ewige Ruhe der Toten steht im Mittelpunkt der musikalischen Erfindung. "Ein dahinfließendes Klangstück" nennt der Komponist sein Werk.

Nun ist Joachim Reidenbach versiert genug, um zu wissen: Meditative Stille und weit ausgreifende Klangflächen tragen keine Komposition über die vorgesehene Dauer von 15 Minuten. Darum greifen Klarinette und Fagott ein. Sie ergänzen die vokalen und instrumentalen Klangteppiche, geben ihnen Bewegung, Farben, Ornamente mit. Auch im Chor verlegt sich der Komponist nicht auf introvertierte Statik, sondern entwickelt, steigert und unterstreicht damit, dass der erste Teil des traditionellen "Requiems" nicht nur stummes Gedenken ist, sondern auch flehentliche Bitte. Und gegen Ende, wenn der Text das "ewige Licht" für die Toten beschwört, fächert er den Vokalpart zu wirkungsvoller, optimistischer Achtstimmigkeit auf. In der Trauer verbirgt sich eine Vision. "Ein Trost-Stück", sagt Reidenbach.

Kunst soll nicht über Köpfen schweben



Der Komponist hat sein "Requiem" zum Gedenken zweier Personen geschrieben, die ihm nahestanden. Auch darin bleibt er sich treu: Kunst soll nicht abgehoben und "absolut" über den Köpfen schweben, sondern konkrete Lebenssituationen reflektieren.

Die "Requiem aeternam"-Vertonung wird am Samstag, 1. November, um 18 Uhr in der Basilika St. Paulin uraufgeführt. Außerdem stehen Werke von Sweelinck, Alain, Schütz, Bach, Mozart, Fauré, Vierne sowie Joachim Reidenbachs "In Paradisum…" für Orgel, Chor und Sprecher auf dem Programm.

Die Ausführenden: Vokalensemble St. Paulin, Catrin Stecker, Klarinette, Stephan Gautier-Chevreux, Fagott, Ursula Thies, Sopran, Engelbert Felten, Sprecher, Karl-Ludwig Kreutz, Orgel, Ulrich Krupp, Positiv. Die Leitung hat Joachim Reidenbach.

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