Klassische Perfektion und Geigenschnulz

Luxemburg · Ganz im Zeichen klassischer Eleganz und Anmut stand das Programm mit Werken von Haydn, Mozart und Vasks, das am Mittwochabend vom Australian Chamber Orchestra unter der Leitung von Richard Tognetti in der Luxemburger Philharmonie präsentiert wurde. Solist des Abends war der schwedische Klarinettenvirtuose Martin Fröst.

 Der Auftritt des Klarinettisten Martin Fröst (Mitte) ist der Höhepunkt des Konzerts auf dem Luxemburger Kirchberg. Foto: Philharmonie

Der Auftritt des Klarinettisten Martin Fröst (Mitte) ist der Höhepunkt des Konzerts auf dem Luxemburger Kirchberg. Foto: Philharmonie

Luxemburg. Mit klassischer Spielfreude eröffnete das Australian Chamber Orchestra den Abend mit Haydns Sinfonie Nr. 4 in D-Dur. Das fast ausnahmslos aus jungen Künstlern bestehende Kammerorchester bewies sowohl hinsichtlich der Phrasierung als auch im Bezug auf die dynamische Gestaltung beeindruckende Flexibilität und viel Innovationsgeist. Spritzig und frisch, jedoch stets in feinem und kontrolliertem Ton, erklangen die beiden Randsätze der Sinfonie. Besonders stimmungsvoll gelang der ausdrucksstarke Mittelsatz in ernstem d-Moll, der von filigraner Schönheit und Anmut gezeichnet war und durch innige, fast flüsternde Pianissimo-Stellen bestach.
Einen deutlichen Kontrast hierzu bildete die 2009 komponierte Fantasie für Solovioline und Streichorchester "Vox amoris" des Letten Pteris Vasks. Erwartete der Zuhörer ein innovatives, avantgardistisches Stück, wurde er von Vasks Komposition, die dieser eigens für Tognetti und sein Orchester geschrieben hatte, enttäuscht.
Konkurrieren mit den Meistern


Statt im Sinne der Ästhetik des 20. und 21. Jahrhunderts mit dem Traditionellen zu brechen und sich auf das Terrain des "Unerhörten" vorzuwagen, zielte Vasks offenbar eher darauf ab, die Zuhörer mit Geigenschmalz und schwärmerisch-kitschigen Kantilenen zu überfluten. Trotz einiger schöner Klangmomente im Stück und Tognettis ausdrucksvoller Gestaltung des Soloparts stellte sich die Frage, ob sich Vasks\' Komposition tatsächlich eignet, ein Programm mit klassischen Meisterwerken zu ergänzen und mit diesen Höhepunkten der Musikgeschichte in Konkurrenz zu treten.
Seichter Abklatsch


Vasks\' Werk, das sich filmmusikähnlich im Hinblick auf die ästhetischen Gestaltungsprinzipien einfach zu wenig von der klassisch-romantischen Musik entfernt und zu keinem Zeitpunkt vom zementierten Pfad der Kadenzharmonik abweicht, musste einfach in diesem Kontext wie ein schnulzig-seichter und epigonenhafter Abklatsch wirken.
Den Höhepunkt des Abends bildete Martin Frösts geniale Interpretation des Klarinettenkonzerts von Wolfgang Amadeus Mozart, das er auf der Bassettklarinette, einer um zwei Töne erweiterten Spielart der herkömmlichen Klarinette, blies. Ein Höchstmaß an musikalischem Ausdruck gepaart mit maximaler Virtuosität hauchten dem häufig gespielten, aber zeitlos schönen und vollendeten Spätwerk Mozarts eine neue Seele ein. Nicht erstaunlich, dass Fröst nach dieser gelungenen Darbietung vom herzlichen Applaus der rund 1100 Zuhörer belohnt wurde. In einer kurzen Ansprache auf Englisch bedankte sich der junge und charismatische Künstler und brachte seine Klarinette in einer mitreißenden Klezmer-Nummer erneut zum Singen.
Die abschließende Haydn-Sinfonie Nr. 88 rundete den Abend ab und führte die Zuhörer nach dieser stilistischen Exkursion zurück in die Gefilde der Wiener Klassik.
Tognetti und sein australisches Orchester ernteten tosenden Beifall und begeisterte "Bravo"-Rufe. Als Zugabe erklang der rasante Finalsatz der Mozart-Sinfonie Nr. 29.

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