Kleines, aber feines Festival „Nukleus“ belebt Triers antike Stätten im Sommer

Trier · Vier Jahre nach dem Aus für die Antikenfestspiele plant die Stadt erstmals wieder ein Kultur-Festival in den historischen Stätten. Es ist deutlich bescheidener dimensioniert und soll ab 2015 an das Mosel Musikfestival angedockt werden. Am Donnerstagabend beschloss der Trierer Stadtrat das Konzept ohne Gegenstimme.

 Der Begriff Nukleus stammt aus der Physik und bezeichnet einen Kern, um den sich Teilchen gruppieren. Foto: istock/Stacey Newman

Der Begriff Nukleus stammt aus der Physik und bezeichnet einen Kern, um den sich Teilchen gruppieren. Foto: istock/Stacey Newman

Drei Seiten ist die Begründung in der Vorlage von Dezernent Thomas Egger lang, aber sie meidet den Begriff "Antikenfestspiele" wie die Pest. Das ist klug, verhindert die Umgehung jedes Vergleichs mit dem gescheiterten Projekt doch das Entstehen von Erwartungshaltungen, die das künftige "Festival im Festival" (Egger) nicht erfüllen kann.

Gedacht ist an Folgendes: Im Rahmen des Mosel Musikfestivals soll für ein verlängertes Sommer-Wochenende ein hochkarätiges Programm Publikum aus der Region und von auswärts in die antiken Stätten locken. Man beginnt dabei örtlich eher bescheiden: Statt Amphitheater und Kaiserthermen, wo allein die Bühnenbilder riesige Kosten verursachen, soll im Innenhof zwischen der römischen Basilika und dem Kurfürstlichen Palais gespielt werden.

Der Dezernent hat das Festival "Nukleus" getauft, zu Deutsch: ein Kern, um den herum sich unterschiedliche Teilchen gruppieren. Inhaltlicher Kern soll eine Barockoper im Innenhof sein, mit überschaubarem szenischen Aufwand, aber umso spektakulärerer Besetzung. Dirigentennamen wie Thomas Hengelbrock oder René Jacobs schwirren durch die Gegend, samt der zugehörigen prominenten Orchester und dem einen oder anderen Solisten-Star. Die Produktionen sollen die Gäste komplett mitbringen, so dass sich die Kosten vor Ort dramatisch reduzieren.

Mit 70.000 Euro ist die Stadt Trier dabei, weitere 65.000 soll das Land zuschießen, das die Stadt schon lange drängt, die antiken Stätten kulturell nicht brachliegen zu lassen. Das Gesamtbudget inklusive Zuschauereinnahmen ist mit 210.000 Euro kalkuliert. Zum Vergleich: Die Antikenfestspiele schlugen am Ende mit 1,1 Millionen Euro zu Buche.

Trotz des überschaubaren Etats soll der "Nukleus" Glanz entwickeln. Neben dem Opernspektakel sind musikalisch-literarische Programme mit prominenten Gästen geplant, eine öffentliche Video-Kunst-Aktion auf der stadtzugewandten Frontseite der Basilika sowie soziokulturelle Projekte mit Kindern und der heimischen Kulturszene. Landesmuseum und Tufa sollen als Veranstaltungsorte eingebunden werden, inklusive Festivalcafé.

Die Zuordnung zum Mosel Musikfestival liegt nahe, verfügt doch dessen Intendant Hermann Lewen nicht nur über Erfahrungen mit den genannten Spielstätten, sondern auch über einen gut geölten, an den Umgang mit knappen Ressourcen gewöhnten Apparat. Für Lewens Festival wäre der "Nukleus" eine unverhoffte Aufwertung, für die Stadt Trier der lange versprochene Einstieg in eine stärkere Unterstützung des kulturellen Leuchtturms.

Der eigentliche Überraschungscoup ist Dezernent Egger allerdings mit der Einbindung von Frank Feitler gelungen, Chef des Grand Théâtre Luxemburg und einer der großen europaweiten Experten in Sachen Kooperationsprojekte. Feitler, der 2015 in Luxemburg in Ruhestand geht, will seine Kompetenz, seine Erfahrung und seine Netzwerke einbringen - wie man hört als "One-Dollar-Man", also ohne Honorar. Ein Glücksfall für Trier - auch in Mainz dürfte man diese neue Form der Kooperation mit der benachbarten Hauptstadt mit einiger Sympathie sehen. Vielleicht gelingt so endlich ein Brückenschlag ins Großherzogtum - und zum dortigen Publikum.

Ganz ohne Einwände geht die Sache nicht über die Bühne, obwohl die Fraktionen von CDU und SPD schon im Vorfeld Zustimmung signalisiert hatten. Die Sozialdemokraten wollen auch für das Trierer Theater die Option eines Sommerprogramms mit touristischer Orientierung offenhalten. Es wäre dann die Aufgabe des Dezernenten, beides unter einen Hut zu bringen. Vielleicht ist aber der künftige Theaterintendant angesichts der Vielzahl seiner Aufgaben fürs Erste auch froh, wenn er sein Team im Sommer in die Pause schicken kann.

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